Konjunkturhilfe fließt in die Bildung: Die Schulen stehen im Geldregen
Der Bildungssenator wirft mit Geld nur so um sich. Die Schulen sollen renovieren und umbauen. Doch das Tempo, mit dem sie das Geld ausgeben muss, stellt die Verwaltung vor ungekannte Probleme.
280 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket II des Bundes will der Senat bis Ende 2010 in Schulen und Kitas investieren. Für Schulsenator Jürgen Zöllner (SPD) heißt das: In den nächsten zwei Jahren kann er jeden Werktag mehr als eine halbe Million Euro ausgeben. Und mit den 50 Millionen extra aus nicht verbrauchten Haushaltsmitteln des letzten Jahres spendiert der Senat ihm für dieses Jahr noch 1 Million pro Woche dazu.
Das klingt toll, stellt die Bezirke aber vor ungewöhnliche Probleme. Regulär teilt der Senat jährlich 32 Millionen Euro zur Instandhaltung von Schulen aus - knapp 3 Millionen also pro Bezirk. "K2" vervielfacht nun die zu verplanende Summe: 10 Millionen soll jeder Bezirk aus dem Konjunkturtopf erhalten. Weitere 33 Millionen sollen nach sozialen Kriterien verteilt werden. Und das mit Tempo: Ende Januar wurden die Bezirke über die Planung informiert. Am Montag sollen sie dem Bildungssenator nun konkrete Anträge für die Verwendung der Gelder vorlegen.
"Würde es allein um die Sanierung von Schulgebäuden gehen, hätten wir Pläne in der Schublade gehabt", sagt Monika Herrmann, grüne Stadträtin für Bildung in Friedrichshain-Kreuzberg. Doch der Senat will mit dem Geld vom Bund vor allem solche Baumaßnahmen finanzieren, die die Umsetzung der vom Bildungssenator geplanten Schulreform nötig macht. Zöllner will alle Oberschulen außer den Gymnasien zu sogenannten Sekundarschulen zusammenfassen, die alle möglichen Abschlüsse inklusive des Abiturs anbieten. Die Sekundarschulen sollen mindestens vier Klassen pro Jahrgang umfassen und außerdem Ganztagsbetrieb bieten - das erfordert entsprechende räumliche Voraussetzungen, etwa Mensen, Aufenthalts- oder Projekträume.
Wo solche Voraussetzungen geschaffen werden können, welche Schulen dagegen leer ausgehen - dies alles muss Herrmann nun innerhalb weniger Tage entscheiden. Ihre Schulamtsleiterin sei deshalb derzeit täglich in Schulen unterwegs - begleitet von Architekten, die dann in kürzester Zeit Kostenberechnungen anstellen müssen. Es sei zwar großartig, endlich etwas bewegen zu können, findet die Stadträtin, doch der Zeitdruck sei "irre": "Ich hätte lieber mit den Schulen und den Eltern gemeinsam geplant", so Herrmann.
Mehr einbezogen zu werden, das hätte sich auch Schulleiter Hartmut Blees gewünscht. Seine Moses-Mendelssohn-Schule in Mitte, die gerade mit einer benachbarten Grundschule zur Gemeinschaftsschule zusammenwächst, sieht nichts von den Konjunkturmillionen. "Uns wurde im vergangenen Jahr zwar eine Million aus den Fördergeldern für das Modellprojekt Gemeinschaftsschule zugesagt", so Blees, doch gesehen hat er die bisher nicht - nur gehört, dass die Summe auf 647.000 Euro gekürzt wurde. Wer das Geld vom Bund bekommen soll, habe er aus einer Liste erfahren, die das Bezirksamt erstellt hat - "ohne Rücksprache mit den Schulen", so Blees. Dabei hatten die SchulleiterInnen von Mitte kürzlich nicht nur den schlechten Zustand ihrer Schulen, sondern auch das Desinteresse des Bezirkes beklagt. Dass nun erneut keine Kommunikation stattfindet, findet Blees "ärgerlich".
Er könne die Aufregung mancher Bezirke nicht nachvollziehen, sagt hingegen der Schulstadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf, Reinhard Naumann. In seinem Bezirk agierten Schulträger und Bauamt immer "eng aufeinander abgestimmt", so der Sozialdemokrat: "Wir kümmern uns nicht erst dann, wenn zusätzliches Geld kommt." Naumann hat aber leise Zweifel, "ob die Bauwirtschaft in der Stadt wirklich mithalten kann, wenn zwölf Bezirke bauen wollen". Ob er damit recht hat, wird man bald sehen: Bis Ende März will die bei der Senatsfinanzverwaltung angesiedelte Steuerungsgruppe für die Ausgabe der Bundesgelder die Anträge der Bezirke prüfen. Spätestens Anfang April sollen erste Bauaufträge vergeben werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!