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Konjunkturdelle in DeutschlandDie Wirtschaft schrumpft weiter

Die Produktion geht auch im September zurück. Die Entscheidung über einen Industriestrompreis fällt bald, erwartet Wirtschaftsminister Habeck.

Der Bayer Chempark in Leverkusen Foto: Rupert Oberhäuser/Imago

Berlin taz | Die wirtschaftliche Erholung in Deutschland lässt weiter auf sich warten. Die Herstellung im produzierenden Gewerbe ist im vergangenen September im Vergleich zum August um 1,4 Prozent geschrumpft, im Vergleich zum September 2022 sogar um 3,7 Prozent. Das geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamts von Dienstag hervor. Damit ist die Produktion im vierten Monat in Folge gesunken.

Laut Ex­per­t:in­nen haben die Unternehmen vor allem wegen hoher Energiepreise die Produktion heruntergefahren. Pharmahersteller verbuchten im September ein Absacken von 9,2 Prozent gegenüber dem Vormonat. In der Autobranche ist die Produktion im Vergleich zum August um 5,0 Prozent gefallen. Hersteller elektrischer Ausrüstung wiesen ein Minus von 4,4 Prozent auf. Wachstum dagegen verzeichnete der Maschinenbau mit einem Plus von 4,1 Prozent.

Das Bundeswirtschaftsministerium ist dennoch verhalten optimistisch. Der Auftragseingang im verarbeitenden Gewerbe habe sich stabilisiert, teilte es mit. Auch sprächen Indikatoren wie die vom Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo erhobenen Geschäftserwartungen für eine Belebung der Konjunktur zum Jahreswechsel.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erwartet eine baldige Entscheidung über die Einführung eines Industriestrompreises, mit dem er die Kostenbelastung für Unternehmen dämpfen will. Die Entscheidung werde bald fallen, kündigte er bei einer Veranstaltung der Maschinenbauindustrie an. Gewerkschaften, die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen und etliche Wirtschaftsverbände sind für einen Industriestrompreis, aber FDP und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sperren sich bislang dagegen. Noch in der vergangenen Woche war Habeck davon ausgegangen, dass die Chancen für die Einführung bei 50 zu 50 liegen. „Ich bin nach gestern Abend zuversichtlich“, sagte er mit Blick auf das Treffen der Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen mit Scholz am Montag. Die Balancen hätten sich verschoben.

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6 Kommentare

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  • Der Staat könnte ja die Energiesteuern senken ... aber warum sollte er das ?



    Geld stinkt bekanntlich nicht.

    Sonst würde sicher bei der nächsten Bekanntgabe der Gewinne der Stadtwerke und Stromerzeuger eine riesige Miefwolke über den Rathäusern aufgehen ...

  • 6G
    655170 (Profil gelöscht)

    für das "Schrumpfen" "der Wirtschaft" ist "die Wirtschaft" verantwortlich.



    Der Moloch hat den Hals nicht voll bekommen.



    Jede/r (!!) hat perverse Preiserhöhungen verlangt, um selbst vom Kuchen möglichst viel abzubekommen.



    Jetzt ist der Kuchen aufgefressen.



    Geld vermehrt sich nicht von selbst auf den Konten und in den Geldbeuteln.



    Und die sind bei Vielen schon Richtung Monatsende leer.



    Jetzt wird die Quittung für die perverse Preis"politik" präsentiert.

  • Selbst das vom Kohleminister geführte Bundeswirtschaftsministerium erwartet bis 2042 für privathaushalte Strompreise von 37 bis 42 Cent pro kWh Also nicht weniger als heute! Auch für Industriekunden wird es nicht billiger werden.

    Ein Industriestrompreis bis 2030 oder 2040 wäre eine Belastung für alle nicht subventionierten Verbraucher, ohne daß am Ende die Stromkosten konkurrenzfähig wären. Auch im Ausland werden Erneuerbare Energien aufgebaut. Länder, die geografisch bedingt je Anlage höhere Ausbeuten erzielen, sind dann Strompreismäßig nicht mehr einholbar. Dazu kommt, daß Deutschland Reservekraftwerke mit Erdgas und später sogar mit Wasserstoff betreiben möchte. Damit gerät der Strompreis in Deutschland endgültig außerhalb jeder Konkurrenzfähigkeit.

    Ein Industriestrompreis soll für exportlastige Unternehmen gelten. D.h. deutsche Inländer würden einen Teil der Einkäufe von Ausländern aus ihrem Vermögen bezahlen, also technisch gesehen: Verarmen!

    Durch Subventionen wäre nicht mehr Strom vorhanden als ohne. Deutsche Unternehmen würden nur in die Lage versetzt, anderen Unternehmen im europäischen Stromverbund den günstigen Strom vor der Nase wegzukaufen. Durch die Verknappung würde die restliche verfügbare Strommenge für andere Unternehmen kleiner und teurer. Deutschland hat ab dem Jahr 2012 – bei gleichzeitig steigendem Bedarf und ohne Rücksicht auf andere EU-Länder – zum einem Kraftwerke stillgelegt und somit die Strommenge verknappt. Zum Anderen hat Deutschland zunehmend CO2-Zertifikate zum Betrieb von Kohlekraftwerken aufgekauft und damit andere europäische Unternehmen zu Investitionen oder Produktionsverzicht und höheren Preisen gezwungen. Es wäre irrwitzig, wenn die EU Deutschland nun zugestehen würde, ein selbstverursachtes Problem ein 3. Mal zu Lasten anderer europäischer Verbraucher zu beheben.

    Robert Habeck wird eine einfache Faustregel anwenden müssen: „Wer ‚A‘ sagt, muß auch ‚B‘ sagen. Deutschland muß den industriellen Stromverbrauch reduzieren.

    • @Donald Duck:

      "Robert Habeck wird eine einfache Faustregel anwenden müssen: „Wer ‚A‘ sagt, muß auch ‚B‘ sagen. Deutschland muß den industriellen Stromverbrauch reduzieren."

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      Das geht ganz leicht. Robert muss nur medial verkünden das er energieintensive Unternehmen, egal ob Großunternehmen oder Mittelständler, nicht mehr im Land sehen möchte. Ganz offen, ohne blumige Formulierungen. Einfach den Mittelfinger in die Kamera halten und sich mal richtig auskotzen.

      Ich bin mir sicher. das viele viele Unternehmen sich ein Herz fassen und Robert den Wunsch nach weniger Energieverbrauch erfüllen werden, indem sie einfach woanders produzieren :)

  • und sie wird weiter schrumpfen, wenn die EZB die Zinsen nicht wieder senkt...



    Das Wirtschaftsministerium war schon immer optimistisch, verhalten optimistisch ist schon mit die schlechteste Aussicht die aus dem Ministerium kommen kann.



    Nur weil das Ministerium Worte wählt, die für Otto Normal beruhigend klingen, heißt das nicht das es ernst ist, das Ministerium kann gar keine Warnung herausgeben, die Folgen einer solchen Wahrnung wären nicht absehbar, so ist diese verhaltene Prognose schon ein ziemlicher Hinweis, dass die Aussichten nicht sehr rosig sind.



    Die Erzeugenpreise fallen seit längerem, langsam kommt das auch bei den Endkonsumentenpreisen an.

    • @nutzer:

      ich habe ein "nicht vergessen, es muß heißen:



      Nur weil das Ministerium Worte wählt, die für Otto Normal beruhigend klingen, heißt das nicht, dass es nicht ernst ist,