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Kongos „Krieg gegen den Terror“Spezialkräfte im Dschungel

Im Osten der Demokratischen Republik Kongo führt die Armee eine Großoffensive gegen die ADF-Rebellen. Die gelten jetzt als Islamisten.

Paida bei Beni im Ostkongo: Ein Kind neben der Leiche einer mutmaßlich von der ADF getöteten Frau Foto: Goran Tomasevic/reuters

Kampala taz | Mit einem stolzen Lächeln salutiert Kongos Armeesprecher in die Handykamera. Was er sagt, wird vom Lärm der Rotorblätter übertönt. Hauptmann Mak Hazukay, Sprecher der Militäroperation Sukola 1 im Osten der Demokratischen Republik Kongo, überfliegt im Kampfhubschrauber den dichten Dschungel. Unter ihm: Ein bislang von Rebellen der Allied Democratic Forces (ADF) kontrolliertes Gebiet, welches Kongos Armee (FARDC) nach sechs Jahren brutaler Kämpfe zurückerobert haben will.

Das Handyvideo, veröffentlicht auf dem FARDC-Twitter-Konto, ist eine von zahlreichen Erfolgsmeldungen von Kongos sonst eher maroder Regierungsarmee in den vergangenen Wochen. Die Armee, so der Eindruck, gewinnt endlich die Oberhand in einem Gebiet, das parallel zur Gewalt vom Ebola-Virus heimgesucht wird.

Die Militäroperation Sukola 1 in den dichten Wäldern und Bergen des Rwenzori-Gebirges begann zu Weihnachten 2014. Seitdem begingen mutmaßliche ADF-Kämpfer immer wieder Massaker an der Zivilbevölkerung in der Region um die Stadt Beni. Schätzungsweise 1.600 Zivilisten und Soldaten sind in den vergangenen fünf Jahren getötet worden, rund 150 Menschen allein im November und Dezember.

Die Bevölkerung von Beni hat den Eindruck, dass niemand sie vor der ADF schützt. Viele werfen Armeegenerälen sogar vor, Geschäfte mit der ADF zu machen, im Gold- und Holzhandel. Ende November plünderten aufgebrachte Kongolesen auch eine Militärstation der UN-Mission im Kongo (Monusco) in Beni.

Einst ugandisch, heute eher kongolesisch

Die ADF gründete sich 1996 in Uganda und rekrutierte unter der muslimischen Minderheit. Dann zog sie sich in den Kongo zurück und rekrutiert jetzt hauptsächlich Kongolesen. Ihr ugandischer Anführer Jamil Mukulu wurde 2015 in Tansania verhaftet und nach Uganda ausgeliefert, wo er sich bis heute vor dem Kriegsgericht verantworten muss. Im Kongo begeht derweil die ADF mehr Massaker als je zuvor.

Die Angst vor Islamisten führt Kongos Armee internationale Unterstützung zu

Unter Mukulus Nachfolger, dem Ugander Musa Baluku, der ein Salafi-Dschihadist sein soll, soll sich die ADF internationalisiert und islamisiert haben. Im April 2019 verkündete der „Islamische Staat“ (IS) zum ersten Mal, „Soldaten des Kalifats“ hätten drei kongolesische Soldaten getötet. Dieser ADF-Überfall ereignete sich in Kamango nahe der ugandischen Grenze.

Die UN-Expertengruppe für Kongo stellte jedoch nach Recherchen und Interviews mit ADF-Gefangenen und Deserteuren in ihrem jüngsten Bericht Ende 2019 klar, man sei „nicht in der Lage gewesen, eine direkte Verbindung zwischen IS und ADF zu bestätigen“.

Immerhin: Die Angst vor einer möglicher Ausbreitung mutmaßlicher Islamisten führt Kongos Armee und Kongos neuem Präsidenten Félix Tshisekedi internationale Unterstützung zu, von Russland, Belgien, Frankreich und den USA.

ADF-Hauptquartier erobert

Mit neuen Uniformen, Nachtsichtgeräten und Scharfschützengewehren ziehen seit Oktober frisch trainierte Spezialkommandos in den Dschungel. Der FARDC-Generalstab wurde aus Kongos Hauptstadt Kinshasa nach Beni im Kriegsgebiet verlegt. FARDC-Quellen sprechen von bis zu 20.000 Soldaten, die dort stationiert sind.

Seitdem macht die FARDC Druck. Vergangenes Wochenende verkündete Hauptmann Hazukay, die Armee habe das ADF-Hauptquartier Madina erobert und rund 40 Rebellen getötet, darunter fünf hochrangige Offiziere. Es seien auch 30 Soldaten gefallen. Nur noch ADF-Chef Baluku sei übrig, verschanzt in einem weiteren Hauptquartier namens „Neu-Madina“, das man jetzt suche.

Kongos Armeesprecher, General Leon Kasonga, versicherte zu Beginn der Woche, die FARDC werde die ADF nun auslöschen: „Dieses Mal ist das letzte Mal. Wir werden uns nicht zurückziehen. Wir werden alles, was der ADF ähnelt, endgültig neutralisieren.“

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1 Kommentar

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  • Auf ugandischer Seite wurde die Militärpräsenz gerade stark erhöht. Offenbar befürchten sie, dass ADFler oder auch andere Milizen rübermachen.