Konfliktmanagement der Deutschen Welle: Weglächeln reicht nicht mehr
Nach Antisemitismusvorwürfen gegen arabische Redaktionen der Deutschen Welle verspricht Intendant Limbourg, härter durchzugreifen.
Der Chef des Auslandssenders Deutsche Welle, Intendant Peter Limbourg, übt sich zuletzt vor allem im Schadensmanagement. Da ist der Fall seines Büroleiters in Beirut, der sich, wie die Süddeutsche berichtete, vor seiner Tätigkeit für die Welle israelfeindlich geäußert hatte.
Ein Redakteur in der arabischen Redaktion hatte sich zudem antisemitisch geäußert. Weiter geht es mit einem Trainer der DW Akademie, von dem Äußerungen belegt sind, die den Holocaust leugnen. Der Trainer ist Bruder des stellvertretenden Leiters der arabischen Redaktion. Dieser wiederum arbeitet, von der DW genehmigt, nebenbei für das libanesische Medium Al-Akhbar. Al-Akhbar wird einerseits als gesellschaftspolitisch progressiv beschrieben, soll andererseits der Anti-Israel-Bewegung Hisbollah nahestehen. Und schließlich wies die Welt darauf hin, dass die DW einen Journalisten mit freundlicher Haltung zum Assad-Regime als Experten hatte auftreten lassen.
Schon vor drei Jahren gab es interne Konflikte im Umfeld der arabischen Sprachredaktion. Der Konflikt drehte sich um Vorwürfe sexualisierter Gewalt, um schlechte Führungskultur. Seither hat die Deutsche Welle ihr Konfliktmanagement verbessert, die Leitung der arabischen Redaktion blieb aber dieselbe.
Ein ehemaliges Mitglied der arabischen Redaktion teilt die Kritik, verwehrt sich im Gespräch mit der taz aber dagegen, immer die arabische Redaktion als Kern des Problems zu sehen. Das bediene die Projektion von Antisemitismus auf „die Anderen“. Fälle von Antisemitismus habe es auch anderswo gegeben.
Unterm Teppich
In der Sportredaktion war vor einigen Jahren ein Teamleiter durch rassistische und antisemitische Aussagen aufgefallen. Die Geschäftsleitung habe das jahrelang unter den Teppich gekehrt. Das Problem liege in einer „Kultur der Rechenschaftslosigkeit“. „Gehandelt wird erst, wenn es Druck durch die Medien gibt. Der DW-Leitung geht es nur darum, sich vor einem Imageschaden zu bewahren.“ Mitarbeitende sprechen immer wieder davon, mit Kritik nicht ernst genommen zu werden. Die DW bestreitet das vehement.
Die Deutsche Welle mit Hauptsitz in Bonn ist mit seinen mehreren Tausend festen und freien Mitarbeitenden im In- und Ausland eine der größten öffentlich-rechtlichen Anstalten. Die Sprachredaktionen senden ihr Programm in sogenannte Zielgebiete, neben dem arabischsprachigen gibt es zu Beispiel auch spanisch- und dari/pashtu-sprachige Redaktionen.
Dieselben Vorurteile
Politische Konfliktlinien dieser Zielregionen laufen häufig auch durch die entsprechende Redaktion bei der DW. Das bestätigt ein Mitglied einer anderen DW-Sprachredaktion der taz. Es gebe teils dieselben Vorurteile zwischen den Nationalitäten, dieselben politischen Fraktionen wie vor Ort. Solche Konflikte seien in der Vergangenheit oft weggelächelt worden. „Man war eben eine Behörde.“ In dieser Hinsicht habe sich aber schon einiges verändert, es gebe Schulungen im Konfliktmanagement, Coachings, an der Hauskultur werde gearbeitet.
Tatsächlich kommt es bei der Frage, ob das Kritikmanagement in der Welle besser wird, sehr stark darauf an, mit wem man spricht. Man tue das Mögliche, sagen die einen, man ducke sich weg, die anderen: Es gehe immer nur um ein Management des gerade aktuellen Falls. Die drei gegenwärtigen und ehemaligen Redaktionsmitglieder, die die taz für diesen Text gesprochen hat, sind sich an einem Punkt einig: Es fehle häufig an journalistischer Expertise an den entscheidenden Stellen. Fähige Journalist:innen, die sich sowohl in der deutschsprachigen Debatte als auch in denen der Zielregion gut auskennen, sind selten.
„Wir werden künftig schnell und hart durchgreifen, wenn es zu einem weiteren Fall kommen sollte“, verspricht Intendant Limbourg in der Jüdischen Allgemeinen. „Wer in seinem eigenen Programm puren Antisemitismus verbreitet, mit dem wird die Deutsche Welle nicht zusammenarbeiten.“ Der Verhaltenskodex solle zudem geschärft werden.
In Zielregionen sind häufig auch unter Journalist:innen Haltungen verbreitet, die von der deutschen Sicht stark abweichen oder hier inakzeptabel sind. Solche Äußerungen sind via Social Media leichter nachprüfbar. Das stellt die Deutsche Welle vor ein Problem. Der Versuch, Konflikte vorwiegend intern zu lösen und „wegzulächeln“, wird immer wieder scheitern.
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