Konflikt zwischen USA und Nordkorea: Nordkorea legt Pläne für Angriff vor
Die Drohungen gegen die USA sind so konkret wie nie. Dennoch ist ein Angriff unwahrscheinlich. International rufen Politiker zur Deeskalation auf.
Als die nordkoreanische Volksarmee am Mittwoch ihre Pläne eines Raketenangriffs gegen die US-Pazifikinsel Guam ankündigte, stand nicht nur ein konkretes Anschlagsziel fest. Auch der Raketentyp (die Mittelstreckenrakete Hwasong-12) und der Zeitplan bis zur Fertigstellung der Operation (Mitte August) wurden in nüchterner, für nordkoreanische Verhältnisse geradezu differenziert analytischer Sprache angekündigt. Am Folgetag lieferte Nordkorea nun auch spezifische Details wie die geplante Flugroute (unter anderem über Hiroshima in Japan), die Flugdauer (18 Minuten) sowie den exakten Einschlagsort (30 Kilometer vor der Küste Guams).
„Das klingt natürlich beunruhigend. Dennoch halte ich das noch eher für Säbelrasseln“, sagte Lars-André Richter von der Friedrich-Naumann-Stiftung in Seoul. Nordkorea würde vor allem provozieren, um Aufmerksamkeit zu erreichen, die es wiederum aus innenpolitischen Zwecken brauche. „Aber aus der Geschichte wissen wir, dass Konflikte schnell eine Eigendynamik bekommen können – vor allem, wenn man es mit gleich zwei eher schwierigen Persönlichkeiten zu tun hat wie mit Trump und Kim Jong Un.“
Im Gegensatz zur nordkoreanisch-amerikanischen Eskalationsspirale sind aus Südkorea hingegen weitgehend differenzierte Töne zu vernehmen: Nach einer einberufenen Dringlichkeitssitzung des Nationalen Sicherheitsrates verurteilte die Regierung wie zu erwarten die militärischen Provokationen des Nordens. Gleichzeitig machte sie jedoch deutlich, dass die Möglichkeit zum Dialog weiterhin offen stünde – solange Kim Jong Un kooperiert.
Australien ist im Notfall neutral
Auch die japanische Regierung richtete erneut einen Appell in Richtung Pjöngjang, der in seinem Tonfall fast schon die Ohnmacht der internationalen Gemeinschaft ausdrückt: „Die Provokationen Nordkoreas sind absolut inakzeptabel. Wir bitten Nordkorea dringend, die wiederholt von der internationalen Gemeinschaft ausgesprochenen harten Warnungen und Rügen ernst zu nehmen“, sagte ein Regierungssprecher in Tokio. Dass das Regime in Pjöngjang dieser Bitte nachkommt, daran glaubt wohl kein Politiker ernsthaft.
Unterdessen hat die australische Regierung deutlich gemacht, sich im Falle eines Krieges zwischen den USA und Nordkorea zu nichts verpflichtet zu fühlen. „Wir waren im rechtlichen Sinn keine Partei im Waffenstillstandsabkommen. Deshalb wäre Australien nicht automatisch involviert“, sagte die australische Außenministerin Julie Bishop in einem Radiointerview.
Martin Schulz, SPD-Chef
Sie bezieht sich auf den Koreakrieg, der 1953 mit einem Waffenstillstand endete, jedoch ohne Friedensvertrag blieb. Die Absage an die USA hat natürlich auch mit den stumpfen Provokationen von Donald Trump zu tun.
Das nordkoreanische Regime ist nicht lebensmüde
Auch SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat vergleichsweise deutlich Stellung bezogen: Trump müsse die Botschaft vermittelt werden, „dass seine Rhetorik eine gefährliche ist und zur Verschärfung des Konflikts beiträgt“, sagte er am Donnerstag in Berlin. Es gehe nun darum, „alle Kanäle auszuloten, die man nutzen kann, um zur Deeskalation beizutragen“.
Dass es auf der koreanischen Halbinsel erneut zum Krieg kommt, scheint – zumindest derzeit – unwahrscheinlich. Trump bräuchte Wochen, wenn nicht Monate, um seine Streitkräfte zu mobilisieren und auf einen Einsatz vorzubereiten. Das nordkoreanische Regime hingegen ist ebenfalls nicht lebensmüde – einen militärischen Erstschlag gegen die USA oder die Verbündeten in Südkorea würde es nicht überstehen.
In der medialen Wahrnehmung spiegelt sich dennoch die derzeitige Hysterie wieder, wohl am plakativsten im Titelbild der Asienausgabe des Economist: Die grimmigen Konterfeis von Donald Trump und Kim Jong Un sind dort zu sehen – geformt aus den Wolken eines Atompilzes. „Es könnte passieren“ prangt in schwarzen Lettern über diesem dystopischen Szenario.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP