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Konflikt zwischen Israel und PalästinaHamas erklärt Waffenstillstand

Die palästinensischen Islamisten sind gesprächsbereit. Denn ein erneuter Krieg im Gazastreifen würde auch ihnen nichts bringen.

Noch keine Friedenstaube an der Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen, sondern Bienenfresser Foto: reuters

JERUSALEM taz | Die bisher letzte Kampfrunde zwischen palästinensischen Islamisten und der israelischen Armee ist noch einmal erstaunlich glimpflich ausgegangen. Bei den über 70 Angriffen mit Raketen und Mörsergranaten, die Kämpfer der Hamas und des Islamischen Dschihad aus dem Gazastreifen auf benachbarte israelische Ortschaften abschossen, wurde nur ein einziger Soldat verletzt.

Im Gazastreifen kam es dann umgekehrt bei den heftigen israelischen Angriffen mit Artillerie und Bombardierungen der Luftwaffe nur zu Sachschäden.

Kurz vor Mitternacht verkündete die Hamas am Dienstag einen Waffenstillstand. Infolge ägyptischer Vermittlung sei man bereit, zu den nach dem Krieg im Sommer 2014 erreichten Einigungen mit Israel zurückzukehren, erklärte Khalil al-Haja, Mitglied im Hamas-Politbüro.

Israel hält daran fest, jegliche Angriffe hart zu beantworten, allerdings soll auch nur dann geschossen werden. „Wir haben kein anderes Ziel“, erklärte Geheimdienstminister Israel Katz, „als dass die Angriffe aufhören.“

Große wirtschaftliche Not der Palästinenser

Ein erneuter Krieg im Gazastreifen würde weder Israel noch den islamistischen Bewegungen Vorteile verschaffen. Die wachsende wirtschaftliche Not der rund zwei Millionen Palästinenser in der belagerten Küstenregion birgt für Israel eine latent große Gefahr.

Das hat sich jüngst bei den Massenprotesten in der Grenzregion gezeigt. Viel hat der „Große Marsch der Rückkehr“, der seit Ende März über einhundert Todesopfer und Tausende zum Teil schwer Verletzte unter den palästinensischen Demonstranten forderte, indes auch für die Palästinenser nicht gebracht.

Die Blockade dauert an und Lösungen für die wirtschaftliche Misere sind vorläufig nicht in Sicht. Hauptgrund für die akute Not ist der Machtkampf zwischen der Hamas im Gazastreifen und der Fatah im Westjordanland. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas (Fatah) verwaltet das öffentliche Budget und hält Gelder für die Bezahlung der Beamten und die Infrastruktur im Gazastreifen zurück.

Hamas steht mit leeren Händen da

Dort gerät die islamistische Führung zunehmend in Bedrängnis. Einerseits droht sie an ihrer Aufgabe zu scheitern, für die Bevölkerung im Gazastreifen zu sorgen, andererseits kann die Hamas, die stets auf den militanten Widerstand und die Befreiung „ganz Palästinas“ vom Jordan bis zum Mittelmeer setzte, militärisch gegen Israel nicht mehr viel ausrichten.

Die israelische Armee fängt mit dem Raketenabwehrsystem Eisenkuppel nahezu jede Kassam-Rakete ab und baut aktuell eine unterirdische, mit Sensoren versetzte Mauer zum Schutz vor geheimen Tunnel, durch die die Islamisten ihre Terrorkommandos aus dem Gazastreifen nach Israel einzuschleusen hofften.

Der Hamas-Funktionär al-Haja, gab sich zwar in der Nacht zu Mittwoch noch siegesgewiss und betonte, die Hamas habe dem Waffenstillstand erst zugestimmt, „nachdem der Widerstand die Aggression erfolgreich abwehrte“.

Erleichterung der Blockade angestrebt

Al-Haja hatte jedoch schon im Vorfeld des jüngsten Schlagabtauschs auf der Webseite der Hamas signalisiert, „Vorschläge zur Erleichterung der Blockade“ in Erwägung zu ziehen.

Auf dem Tisch liegen eine ganze Reihe von Wiederaufbauplänen für den Gazastreifen, die offenbar zum Teil in den Nahost-Friedensplan einfließen, den US-Präsident Donald Trump bis Ende Juni präsentieren will.

Dazu gehört die Errichtung von Industriegebieten im nördlichen Sinai und Entsalzungsanlagen zur Gewinnung von Frischwasser. Trump hofft dabei auf die Unterstützung Ägyptens, das Land zur Verfügung stellen müsste. Von Saudi-Arabien erhofft er sich eine Beteiligung an der Finanzierung von Projekten.

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22 Kommentare

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  • Gar kein Wort darüber, dass das Vermögen der Israelis am 30.05. sich um 10,8 Milliarden Dollar "erhöht" hat Frau Knaul?

     

    Oder warum Israel jeden Gangster von Hersch Becker bis Arcadi Gaydamak im Rahmen der Aliya mit israelischen Papieren ausstattet.

     

    Das wären mal interessante Nachrichten aus Israel, die hier sehr selten zu lesen sind.

    • @Sven Günther:

      Was hat die Aliya mit dem lächerlichen, von der Hamas heute bereits gebrochenen Waffenstillstand zu tun?

      • @Nicky Arnstein:

        Ich frage zu einem Thema über Israel, im letzten Beitrag zu Israel, der Korrespondentin in Israel.

        • @Sven Günther:

          Allerdings ist das Thema (wieder mal) "der Konflikt", der Artikel bezieht sich auf den sog. Waffenstillstand, den die Hamas erklärt hat und bei Frau Knaul bin ich mir nicht sicher, ob sie aus Israel jemals über etwas Anderes berichtet hat als "den Konfikt".

          • @Henriette Bimmelbahn:

            Na ja, "der Konflikt" ist doch alles, was die Israelkritiker interessiert. Dass es nichts Neues zu berichten gibt und immer wieder seit Jahren dieselben Dinge durchgekaut werden, ist schon tragisch. "Der Konflikt" ist ein medialer Evergreen. Im Nahen Osten nichts Neues.

    • 7G
      75026 (Profil gelöscht)
      @Sven Günther:

      "warum Israel..." Na, weil's gesetzlich so festgelegt ist. Soweit ich weiß, gibt es im Rückkehrgesetz keine Klausel, wonach erst Sven Günther gefragt werden muss, ob es ihm genehm ist.

      • @75026 (Profil gelöscht):

        Das weiß ich selbst, ich kann mich auf hebräisch selbst darum bemühen.

         

        רק לדבר על דברים שאתה מבין.

        • @Sven Günther:

          Das wird langsam etwas albern.

  • 7G
    75026 (Profil gelöscht)

    "erstaunlich glimpflich ausgegangen....nur ein einziger Soldat verletzt"

    Ich finde, das ist eine verharmlosende Darstellung. Iron Dome kann zwar vieles, aber nicht alles abfangen. Deshalb heulen trotz Iron Dome die Sirenen und müssen viele tausend Bewohner der betroffenen israelischen Ortschaften innerhalb weniger Sekunden die Bunker aufsuchen und Stunden dort verbringen. Was für traumatisierende Auswirkungen das gerade auf Kinder hat, kann man hier: https://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-4093281,00.html

    oder hier: http://www.worldaffairsjournal.org/blog/alan-johnson/hamas-rockets-traumatize-israeli-children

    nachlesen.

     

    Noch zwei Anmerkungen zu sehr fragwürdigen Begrifflichkeiten:

     

    "belagerten Küstenregion": Gaza wird nicht "belagert". Es ist nicht Israels Ziel, Gaza zu erobern.

     

    "über einhundert Todesopfer und Tausende zum Teil schwer Verletzte unter den palästinensischen Demonstranten":

    Es sollte mittlerweile bekannt sein, dass da nicht nur Demonstranten unterwegs waren, sondern bewaffnete Gewalttäter, die die Grenzanlagen angriffen und versuchten, sie zu überwinden. Dass die allermeisten der Getöteten Mitglieder der Hamas oder anderer Terrororganisationen waren, hat die Hamas ja sogar selbst zugegeben.

    • @75026 (Profil gelöscht):

      Was die Todesopfer angeht, die auf Seite der Gazaisten zu beklagen sind, wird von der hiesigen Presse gerne unterschlagen, dass viele Opfer radikale Mitglieder der Hamas und Dschihadisten sind. Das war bei der letzten Gaza-Offensive schon so.

    • @75026 (Profil gelöscht):

      Vielleicht meint Frau Knaul "von der Hamas" belagerte Küstenregion. Ansonsten sollte ja allg. bekannt sein, dass Israel seit 2005 aus Gaza raus ist. Komische Berichterstattung.

  • Müsste die Überschrift nicht lauten "Konflikt zwischen Hamas und Israel"? Wurde der Staat Palästina schon gegründet und die Hamas zur Regierung berufen?

    • @Nicky Arnstein:

      15.11.1988 wurde der Staat Palästina ausgerufen.

      • @Sven Günther:

        In welchen Grenzen?

        • @Nicky Arnstein:

          Westjordanland, Gazastreifen und Ostjerusalem.

  • Affenzirkus hoch 5. Hamas stänkert seit 2005, als Israel Gaza verlassen hat. Wer soll der Hamas die Friedensbereitschaft abkaufen?

    • @Nicky Arnstein:

      Von Frieden war nicht die Rede.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Das muss man sich schon auf der Zunge zergehen lassen.

     

    Hamas greift Israel mit Mörsergranaten und Raketen an. Israel antwortet seinerseits mit Angriffen auf Hamaseinrichtungen.

     

    Überschrift in der taz: "Hamas erklärt Waffenstillstand"

     

    Ich meine, wenn irgendwas daraus wird, ist das natürlich gut.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Da haben Sie recht. :-)

       

      Spannend ist auch, dass selbst die Palästinenser (im Westjordanland) den Gaza-Streifen abriegeln.

  • Traurige Zukunft für die friedlichen Palästiner beim Gedanken, dass ein amerikanischer Präsident hier mitarbeiten will.

    • @Pink:

      ?????