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Konflikt zwischen Israel und HamasNeue Angriffe trotz Waffenruhe

Offiziell wurde die Feuerpause zwischen Israel und der Hamas um fünf Tage verlängert. Trotzdem feuern beide Seiten wieder Raketen ab.

Der Rest der Nada Towers in Beit Lahiya, nördlicher Gazastreifen. Bild: ap

KAIRO ap | Im Gaza-Konflikt haben sich Israel und die Hamas auf eine Verlängerung der Waffenruhe um fünf Tage verständigt. Das sagte der Leiter der palästinensischen Delegation, Assam al-Ahmed, am Mittwochabend in Kairo. Das ägyptische Außenministerium bestätigte die Angaben. Die Einigung solle den Konfliktparteien mehr Zeit für Verhandlungen über eine langfristige Feuerpause und einen Fahrplan für den Gazastreifen geben. Ein Sprecher des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu wollte sich zunächst nicht dazu äußern.

Kurz vor Ablauf der bis dato geltenden Waffenruhe um Mitternacht (23.00 Uhr MESZ) flammte wieder Gewalt auf: Militante Palästinenser feuerten fünf Raketen auf Israel ab. In einer Reaktion attackierte Israel in der Nacht zum Donnerstag Ziele im Gazastreifen. Es war unklar, ob es sich um vereinzelte Scharmützel handelte oder ob nun die ausgerufene Feuerpause gefährdet ist.

Die jüngste Waffenruhe hatte den Israelis und den im Gazastreifen lebenden Palästinenser bislang eine willkommene Atempause verschafft: Von Montag an hatte Israel knapp 72 Stunden lang Militäraktionen im Gazastreifen eingestellt, militante Palästinenser stoppten ihrerseits Raketenangriffe auf Israel – bis zum Mittwochabend.

Mit Hochdruck versuchten ägyptische Vermittler eine langfristige Lösung zu vermitteln. Dazu legten sie den Konfliktparteien einen Vorschlag vor, der jedoch nur teilweise auf beiderseitige Forderungen einging: Die israelische Blockade des Gazastreifens solle gelockert werden, damit Hilfe in das Gebiet gebracht werden könne. Die umstrittensten Themen – wie die von der Hamas geforderte vollständige Aufhebung der Blockade –, werden allerdings für spätere Gespräche ausgeklammert. Israel pocht auf eine komplette Entwaffnung der Hamas.

Der palästinensische Delegationsleiter Al-Ahmed sprach dennoch von „signifikanten Fortschritten“, die nun offenbar in der Einigung auf eine Verlängerung der Waffenruhe gemündet sind. Doch gebe es noch Differenzen über die Wiederaufbaumaßnahmen im Gazastreifen sowie den Umfang von Sicherheitsvorkehrungen und des erlaubten Fischereigebiets in dem von der Hamas kontrollierten Territorium.

Aufhebung der Blockade

Der Führer der radikalislamischen Gruppe, Ismail Hanija, deutete an, an seinen Kernforderungen festhalten zu wollen. Eine „dauerhafte Waffenruhe könne nur durch die Aufhebung der Blockade im Gazastreifen erzielt“ werden, sagte er in einer am Mittwochabend gesendeten Radioansprache.

Israel signalisierte hingegen, auch nach dem Ende der Feuerpause auf neuen Beschuss aus dem Gazastreifen zu reagieren. „Wir werden uns weiter verteidigen und weiter operieren. Wir sind zu jeder Maßnahme bereit, auf jeden Fall, zu jeder Zeit“, erklärte Generalstabschef Benny Gantz vor Reportern. Zuvor hatte Verteidigungsminister Mosche Jaalon vor einem Wiederaufflammen der Kämpfe gewarnt, sobald die Waffenruhe ende. „Wir müssen zu jeder Zeit wachsam und bereit sein.“

US-Präsident Barack Obama stellte sich in einem Telefonat mit Israels Ministerpräsident Netanjahu hinter den ägyptischen Vorschlag für eine langfristige Waffenruhe, wie das Weiße Haus mitteilte. In dem mehr als einen Monat andauernden Gazakrieg wurden bislang nach palästinensischen und UN-Angaben mehr als 1.900 Palästinenser getötet, darunter hauptsächlich Zivilisten. Auf israelischer Seite kamen offiziellen Angaben zufolge bisher 67 Menschen ums Leben, darunter 64 Soldaten.

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9 Kommentare

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  • Leider ist nichts von Vorschlägen zu lesen, wie der Flughafen und der Hafen von Gaza wieder zu aller Nutzen und Zufriedenheit in Betrieb genommen werden kann, obwohl doch alle Welt erklärt hat, an Lösungen mitwirken zu wollen, so etwa auch die frommen Leute aus dem jetzigen Berliner Regierungskabinett einschließlich der Andrea Merkel.

     

    Vielleicht arbeiten die aber auch nur im Stillen und man merkt es nicht auf Anhieb.

    • @Ignaz Quadratwurzel:

      Andrea Merkel? Ist das Angie's 2. Vorname?

  • "Neue Angriffe trotz Waffenruhe" ist wie dunkel war's, der Mond schien helle.

    Man beachte den letzten Satz des Artikels, der sich wie ein roter Faden durch alle taz-Artikel der letzten Wochen zieht, in dem es um Israel-Gaza geht. Das ist Konservenjournalismus.

    • @Soquette:

      Die Erläuterung der im Gespräch befindlichen Forderungen und Lösungsangebote erreicht bei Ihnen mal wieder eine beeindruckende Tiefe.

       

      Vielleicht ist das israelische Handeln auch davon gekennzeichnet, dass es seinen Grund haben muss, warum die USA es derzeit ablehnen, die IDF mit „Höllenfeuer“-Raketen zu beliefern – dass mag mit den 1900 zusammenhängen, deren Zahl sich inzwischen vergrößert haben dürfte, da manche ihren schweren Verletzungen erst nach Tagen erliegen.

       

      Auch hier scheint sich im Stillen etwas abgespielt zu haben.

  • Die Belagerer wollen sich wehren, wenn sie bei ihrer Belagerung gestört werden, dies bringt die Pointe etwas deutlicher auf den Punkt.

    • @Ignaz Quadratwurzel:

      Die Pointe, die Sie deutlich zum Ausdruck bringen, ist, dass sie die Israelis pauschal als "Belagerer" bezeichnen. Wenn also Raketen von Gaza nach Tel Aviv, Haifa, Beer Sheva, etc. fliegen, dann sind das nach Ihrem Verständnis belagerte Städte, die eigentlich den Palästinensern in Gaza gehören, so dass die Israelis auch kein Recht haben, sich dagegen zu wehren, da sie diese vermeintlich palästinensischen Städten belagert halten. Sie vertreten scheinbar also auch die Ansichten der Hamas, die ganz Palästina für sich beanspruchen und judenfrei machen möchten.

      • @Soquette:

        Gehen Sie mal davon aus, dass es den Palästinensern, aber auch der Hamas, letztlich egal ist, ob sich die Zionisten für (offiziell jedenfalls) Juden halten oder ob es sich um Marsmenschen handeln würde. Soweit sie den Zionismus ablehnen, hat dies bekanntlich verständliche Gründe.

         

        Bedauerlich ist allenfalls, dass die Zionisten selbst im Nahen-Osten überall verbreiten, dass sie „die Juden“ seien, denn wenn der einfache Mann im Nahen-Osten es nicht besser weiß, muss er dem auch noch Glauben schenken und schert dann leicht alle über einen Kamm.

         

        Ich kann mir aber vorstellen, dass man auf israelischer Seite Gewissensbisse über Geschehnisse in Vergangenheit und Gegenwart in Jaffa, Haifa, Beer-Schewa und anderen Orten Palästinas, nicht nur im israelischen Teil hat - auch Siedler im Westjordanland und in Ostjerusalem können davon möglicherweise betroffen sein.

      • @Soquette:

        Wenn Fischerboote rausfahren und beschossen werden ,Häfen und Flugäfen zerstört und so weiter kann man wohlschon von Belagerung reden.

  • Die Belagerer wollen sich wehren, wenn sie beschossen werden – das ist eine der Pointen, die der AP-Verschnitt(?)-Meldung zu entnehmen ist.

    Wenn dem so ist, zeugt dies von der besonders noblen Einstellung und hohen Meinung, die die Belagerer von und über sich selbst haben und gegenüber der Weltöffentlichkeit vertreten.

     

    Raketchen, die irgendwo auf dem Feld eingeschlagen sein sollen, lassen sich genauso schnell behaupten, wie das sie auch tatsächlich von irgendwem abgeschossen sein könnten. Anders als im Bericht zu lesen, war in der israelischen Presse zu lesen, dass man sich von palästinensischer Seite erstaunt zeigte, denn Abschüsse vom eigenen Gebiet seien in der Regel zu hören, es sei aber nichts derartiges gehört worden.

    So oder so zahlt sich aus, wenn man keine Beobachter oder internationale Überwachung für das eigene Handeln zulässt. Damit Übergriffe bei den eigenen Handlungen auch sachgerecht untersucht werden, macht man dies von israelischer Seite aus auch ohnehin selber. Alle anderen, die das versuchen wollen, sind ja per se „antisemitisch“ eingestellt..

     

    Und wie immer ein Schauspiel für sich, der israelische innerstaatliche Meinungszirkus, bei dem ein jeder sich überbieten darf, den starken Mann zu spielen, so dass letztlich die Regierung sich nach außen als zurückhaltend, aber unter starken Druck stehend präsentiert, so dass man ihr zubilligen müsse, sie habe sich bis aufs Äußerste bemüht und stehe mit dem was man anbiete, am äußersten Rand des Machbaren.

     

    Dann kommen der Israellobby stets die Tränen über so viel Zerreißprobe, in denen die armen Regierungsverantwortlichen, die zuvor ihre Bevölkerung aufgewiegelt haben, nun stünden, wenn die eigene Öffentlichkeit nun Härte verlange.