Konflikt auf dem Asowschen Meer: Von strategischer Bedeutung
Der Zusammenstoß zwischen Russland und der Ukraine auf dem Asowschen Meer ist nicht der erste. Das liegt an der besonderen Lage des Gewässers.
Der Zusammenstoß zwischen russischen und ukrainischen Schiffen, bei dem nach ukrainischen Angaben sechs ukrainische Seeleute verletzt wurden, ist der schwerste Vorfall aber nicht der erste im Asowschen Meer. Das liegt an seiner besonderen Lage.
Seitdem Russland die Halbinsel Krim völkerrechtswidrig annektiert hat, betrachtet es das Asowsche Meer quasi als ein Binnengewässer der Russischen Föderation. Wiederholt haben russische Patrouillenboote der Grenzpolizei in den vergangenen Monaten ukrainische Schiffe kontrolliert und am Weiterfahren in die ukrainischen Häfen Mariupol und Berdjansk gehindert. Zudem entsandte Russland immer mehr Kriegsschiffe in die Region. Der Chef der ukrainischen Grenzpolizei schätzte ihre Zahl zuletzt auf 120.
Im Mai 2018 weihte der russische Präsident Wladimir Putin die Brücke von Kertsch ein, die das russische Festland mit der Krim verbindet. Seitdem vertritt Russland das was es für sein Recht hält, noch aggressiver – und zwar mit der Begründung, es müsse die Brücke schließlich vor Angriffen ukrainischer Radikaler schützen. Ohnehin sorgt die Höhe der Brücke dafür, dass Schiffe deren Aufbauten höher als 33 Meter sind, sie gar nicht durchfahren können.
Kontrollen dauern laut Aktivisten immer länger
Die Aktivisten von Black Sea News, einer NGO, die sowohl die Lage im Asowschen Meer beobachtet als auch, welche Schiffe sich der Krim nähern, schreiben zum Beispiel, im Juli seien 62 Schiffe von der russischen Grenzpolizei festgesetzt worden, also ausnahmslos alle, die in dieser Zeit durch die Strasse von Kertsch fahren wollten. Außerdem dauerten die Kontrollen der Schiffe immer länger, inzwischen 20 bis 30 Stunden.
Durch die Kontrollen durch Russland entgingen der Ukraine hohe Summen, und auch die Schiffseigner verlören 15.000 bis 50.000 Dollar am Tag, sagte der ukrainische Infrastrukturminister Volodymyr Omelyan einem ukrainischen Fernsehsender. Der Hafen von Mariupol sei gezwungen mit einer Vier-Tage-Woche zu arbeiten. Ayna Chagir, eine Sprecherin des Hafens von Mariupol sagte der Zeitung Kyiv Post im Juni, die Schiffseigner verlören 5.000 bis 15.000 Dollar am Tag.
Ukrainische Politiker und Militärs sprechen daher oft von einer Blockade durch Russland. Die Häfen von Mariupol und Berdjansk sind unter anderem wichtig für den Export von Getreide und den Import von Kohle.
Offiziell gilt ein Abkommen von 2003
Offiziell gilt zwischen der Ukraine und Russland noch immer der Vertrag über das Asowsche Meer, den Vertreter beider Staaten 2003 unterzeichnet haben. Laut dem Abkommen können sich Handels- und Kriegsschiffe der beiden Länder auf dem Asowschen Meer und in der Straße von Kertsch ungehindert bewegen. Auch für die Schiffe von anderen Staaten gilt Bewegungsfreiheit, wenn sie sich an die Gesetze halten und die Erlaubnis einer der Vertragsstaaten haben.
Vertreter der ukrainischen Marine haben mehrfach betont, es habe Russland über die geplante Verlegung von drei seiner Schiffe informiert. Aber selbst, wenn das nicht passiert sein sollte, stellt sich die Frage, warum die russische Küstenwache einen ukrainischen Schlepper rammen musste, wie es ein seit gestern kursierendes Video nahelegt. Wie dieses Video, das offenbar von russischen Seeleuten auf dem rammenden Küstenschutzschiff aufgenommen wurde, ins Internet gelangte, ist unklar. Der ukrainische Innenminister Arsen Awakow behauptet auf Twitter, seine Leute seien mit „Spezialwerkzeugen“ an den Inhalt eines Mobiltelefons der Seeleute gelangt. Genauso gut könnten es aber auch die Seeleute selbst bei YouTube hochgeladen haben.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Erpressungs-Diplomatie
Wenn der Golf von Mexiko von der Landkarte verschwindet
80 Jahre nach der Bombardierung
Neonazidemo läuft durch Dresden
Zwei Todesopfer nach Anschlag in München
Schwer verletzte Mutter und Kind gestorben