Kommunalwahlen in England: Großparteien abgewatscht
Die Tories verzeichnen herbe Verluste, aber auch Labour verliert. Liberale und Grüne gehen gestärkt aus den Kommunalwahlen hervor.
Bis 14 Uhr Ortszeit hatten die Konservativen über ein Viertel der von ihnen gehaltenen Wahlkreise eingebüßt und Labour etwas unter zehn Prozent der ihren. Die Liberalen gewannen mehr als doppelt so viele Mandate wie zuvor, die Grünen konnten ihre mehr als verfünffachen.
Die in den vergangenen Jahren zu einer rechten Splitterpartei geschrumpfte Ukip verlor den Großteil ihrer Sitze, wobei zahlreiche Ex-Ukip-Mandatsträger sich als Parteilose wiederwählen ließen. Insgesamt blieben die Konservativen stärkste Kraft. Die Auszählung in über der Hälfte der Gemeinden und Kreise war bis Redaktionsschluss noch nicht beendet.
Pro-EU-Gruppen deuteten die Wahl als klares Votum gegen den Brexit. Das ist eine gewagte Schlussfolgerung, weil die neu gewählten Mandate zuletzt 2015 vergeben wurden, als die Haltung zur EU kein Wahlkampfthema war und die Kommunalwahl mit der Parlamentswahl stattfand. May sprach am Freitag von einem Auftrag der WählerInnen an die Politik, den Brexit endlich zu vollenden, wofür eine empirische Grundlage aber schwer zu erkennen ist.
Streit über EU-Wahlprogramm
Labour-Parteichef Corbyn gestand ein, dass er sich ein besseres Ergebnis gewünscht hätte. Labour streitet über sein Europawahlprogramm und die Frage, ob es ein zweites Brexit-Referendum fordern oder lediglich als Option offen halten soll.
Erste Analysen legen nahe, dass die beiden großen Parteien jeweils besonders stark in ihren Hochburgen verloren. Labour erlitt zweistellige Verluste in einigen nordenglischen Industriestädten, wobei sich die Stimmen nicht einheitlich auf andere Parteien verteilten.
In Südengland, wo Labour außerhalb der Großstädte kaum existiert, liefen viele konservative Wähler in Kleinstädten und ländlichen Regionen zu den Liberaldemokraten über, traditionell die sichtbarste Opposition in diesen Gegenden. In Swindon, wo die bevorstehende Schließung der Honda-Autowerke Sorgen bereitet und Brexit-Debatten befeuert, bauten die Konservativen ihre Mehrheit aus.
Die Kommunalwahl galt als Testwahl vor der EU-Wahl in drei Wochen, bei der laut Umfragen die „Brexit Party“ des Rechtspopulistenführers Nigel Farage deutlich vorne liegt. Sie trat bei den Kommunalwahlen nicht an, wertete aber das Resultat als Bestätigung der Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten