■ Kommentar: Salami Toskana
Wenn es auf den Füßen nicht mehr geht, dann gehen die Sozialdemokraten eben auf den Köpfen. Mit ihrer Entscheidung, einen superweichen Antrag zur Mißbilligung der rüden Landowsky-Assoziationen zu „Ratten“ und „Gesindel“ einzubringen, beweist die SPD Haltung. Diese zeichnet sich allerdings nicht durch Rückgrat aus, sondern ist von politischer Schlaffheit und untertänigem Opportunismus geprägt. Nicht anders ist es zu erklären, daß die SPD-Mißbilligung zwar Stürmer-Vokabular generell verurteilt, Roß und Reiter dabei aber nicht nennt. Vielmehr versteigt man sich höchst sophisticated auf den geordneten Rückzug aus der Affäre – die Große Koalition samt liberaler CDU-Klientel fest im Blick. Nur nichts anbrennen lassen, klingt da bei Fraktionschef Klaus Böger durch.
Doch Böger und Genossen machen die Rechnung ohne den Wirt. Landowsky hat die Fraktion noch immer hinter sich gebracht – auch wenn es um die rechte Wurst geht. Das Kalkül der SPD, ihren Antrag für den liberalen CDU-Flügel zustimmungsfähig zu machen, indem sie nicht Landowsky, sondern dessen Vokabular verurteilt, geht nicht auf. Darüber hinaus bedeutet der geordnete Rückzug die Verabschiedung per Salamitaktik von einer klaren politischen Position gegen jedwede Stammtisch- oder Haider-Parolen im Parlament. Man sieht eben alles lässig rosarot – durch die sozialdemokratische Toskanabrille. Die Möglichkeit, Landowsky nachträglich abzumahnen, hat das Abgeordnetenhaus formal nicht mehr. Ein Antrag von SPD, Bündnisgrünen und PDS böte immerhin die Chance zur politischen Diskussion. Den Weg will die SPD nicht gehen. Dazu muß sie erst wieder auf die Beine kommen. Rolf Lautenschläger
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