Kommentar: Daumen weg
■ Warum die Sanierungsbeiräte vom Parteien-Einfluss frei bleiben sollten
Der Vorschlag der Grossen Koalition in Mitte, wie künftig die Sanierungsbeiräte zu bilden seien, widerspricht dem Sinn dieser Gremien. Nach dem Senatsprogramm zur Sozialen Stadtteilentwicklung sollen sie die lethargischen Bewohner kaputter Stadtteile überhaupt erst dazu bringen, sich wieder um die Orte zu kümmern, an denen sie leben. Dazu sei es nötig, „das Engagement im Quartier auf eine möglichst breite Basis zu stellen“, heißt es in dem Bericht an die Bürgerschaft.
Mit dem jetzigen Vorschlag wird das nicht gelingen: Die große Mehrheit der Sitze soll jeweils den VertreterInnen organisierter Interessen vorbehalten sein – also den Leuten, die sich, sei es auch nur von Berufs wegen, ohnehin schon politisch engagieren. Die angesprochene „breite Basis“, der Teil der Sitze, die einfach so jedeR besetzen kann, ist bloß ein Fragment.
Sicher: Ein offenes Gremium zu legitimieren, ist schwierig. Denn wer garantiert, dass sich nicht die Einzelinteressen der Leute durchsetzen, die sich am intensivsten engagieren? Nur: Bei der jetzt avisierten Dominanz von Parteien und organisierten Interessen, werden sich diejenigen durchsetzen, die bereits an vielen anderen Stellen (mit)steuern. Damit wäre nichts gewonnen.
Zumal im Zweifel die Mehrheit der Bezirksversammlung festlegt, wer Sitz und Stimme in einem Sanierungsbeirat erhält. SPD und CDU halten den Daumen drauf. Die Chancen der im Stenatsprogramm ebenfalls vorgesehenen „vertrauensbildenden Maßnahmen“ mag sich jedeR selbst ausmalen.
Gernot Knödler
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