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KommentarFehlendes Machtwort

■ Warum das Karlsruher Urteil an der Lauscherei nichts ändern wird

Dass die umstrittene Lausch- und Abhörpraxis der Hamburger Polizei für das Bundesverfassungsgericht ein komplexes Thema ist, ist klar. Und dass eine Entscheidung widersprüchliche Reaktionen auslöst, ist normal. Für den Datenschutzbeauftragten haben die Karlsruher Richter sogar einen klugen Weg gewählt, zwar die Schnüffelpraxis inhaltlich deutlich zu rügen, wenngleich die Rechtslage schwierig ist, um das Gesetz in Gänze zu kassieren.

Doch wenn man den enormem Zeitaufwand sieht, den die Roten Roben trieben, um ihre Meinung zu sagen, muss das Resultat verblüffen. Die Hüter der Verfassung brauchten zehn Jahre um festzustellen, dass die Kläger nicht klageberechtigt sind, weil sie nicht nachweisen können, selbst von Lauschangriffen betroffen zu sein.

Wie sollten sie auch. Denn das Gesetz sieht ja vor, dass die staatlichen Schnüffler im Geheimen arbeiten. Sie dürfen Kanzleien und Büros verwanzen oder Telefone und Handys anzapfen – notfalls ohne richterliche Genehmigung, nur mit Billigung ihres Präsidenten und eben ohne die Belauschten nachher zu informieren.

Keiner Mensch weiß folglich, wieviele Lauschaktionen tatsächlich in den zehn Jahren stattgefunden haben, wieviele Mandantengespräche illegal abgehört und wieviele Beichten illegal mitgeschnitten wurden. Daher müssen sich die Karlsruher Richter den Vorwurf gefallen lassen, zwar den staatlichen Schnüfflern einen Rüffel erteilt, aber letzlich kein Machtwort gesprochen zu haben.

Und so wird sich an der Praxis nichts ändern. Kai von Appen

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