Kommentar zum Lokführerstreik: Der Bund verschwendet Millionen

Die Bahn hat kein Interesse an einer Einigung im Streik gezeigt und bisher kein verbindliches Angebot vorgelegt. Jetzt muss die Bundesregierung ran.

Alle Zeichen stehen auf rot. Hier am Bahnhof in Essen. Bild: reuters

Und täglich grüßt das Murmeltier. Bei der Deutschen Bahn wird gestreikt. Wie schon sechsmal zuvor in den vergangenen zehn Monaten. Und die veröffentlichte Meinung ist sich mal wieder mit dem Bahnvorstand einig, wer der Bösewicht ist: selbstverständlich die verbohrte Lokführergewerkschaft GDL und ihr selbstsüchtiger Chef Claus Weselsky. Wie einfach die Welt doch sein kann.

Keine Frage: Jeder Streiktag bei der Bahn ist eine Zumutung für die davon betroffenen Fahrgäste. Was aber leicht vergessen wird: Ob es zu einem Streik kommt und wie lange er dauert, hängt nicht alleine von der Gewerkschaft ab, die ihn beschließt. Bei nüchterner Betrachtung der Verhandlungen zwischen Bahnvorstand und GDL lässt sich nicht von der Hand weisen, dass die bisherige Ergebnislosigkeit der Gespräche nicht allein der Lokführergewerkschaft anzulasten ist.

Die Lokführer haben ihre siebte Streikrunde bei der Deutschen Bahn am Donnerstagmorgen fortgesetzt – Millionen Menschen mussten sich auf dem Weg zur Arbeit erneut in Geduld üben. In einigen Regionen waren die Einschränkungen zu Beginn des zweiten Tages des Ausstands im Personenverkehr aber nicht so stark wie befürchtet. Der Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) sollte bis zum Abend (21 Uhr) laufen, im Güterverkehr bis Freitag (9 Uhr). (dpa)

Die Arbeitgeberseite trägt eine erhebliche Mitschuld. Will sie überhaupt eine Einigung? Es macht nicht den Eindruck. Wie lässt sich sonst erklären, dass der Bahnvorstand auch nach 16 Verhandlungsrunden immer noch kein verbindliches inhaltliches Angebot vorgelegt hat? Was die GDL fordert, ist bekannt: fünf Prozent mehr Lohn, eine Stunde weniger Arbeitszeit pro Woche und eine Begrenzung der Überstunden. Und was bietet die Bahn? Eine mediale Inszenierung, mehr nicht.

Es ist absurd: Schon jetzt wäre es für die Bahn billiger gekommen, die Forderungen der GDL einfach zu erfüllen. Höchste Zeit, sich daran zu erinnern, dass die Bahn zwar privatrechtlich organisiert ist, jedoch dem deutschen Staat gehört. Statt sich über den angeblichen „Missbrauch des Streikrechts“ zu empören, sollte die schwarz-rote Bundesregierung endlich ihre Verantwortung als Eigentümerin wahrnehmen und den Bahnvorstand an die Kandare nehmen. Den Kunden zuliebe.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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