Kommentar zum China-Taiwain-Treffen: Xis fragwürdige Charmeoffensive

Die Symbolik ist groß: Pekings Machthaber trifft auf Taiwans Staatschef. Xi Jinping greift mit der Reise in den taiwanesischen Wahlkampf ein.

Taiwans Präsident Ma Ying-jeou (l.) und Chinas Staatschef Xi Jinping

Es wird ein historischer Gipfel: Die Staatschefs von China und Taiwan treffen sich zum ersten Mal seit 1949. Foto: reuters

In der Taiwanfrage versteht die Regierung in Peking keinen Spaß und droht stets, dass eine Unabhängigkeitserklärung der Insel Krieg bedeuten würde. Denn beim Thema Taiwan geht es für Chinas Kommunisten ans Eingemachte.

Doch zeigt sich jetzt, wie flexibel sie sein können, wenn sie sich davon Vorteile versprechen. Seit Ende des Bürgerkriegs 1949 weigerten sich Pekings Machthaber stets, einen Präsidenten der von ihnen nicht anerkannten „Republik China“ (Taiwan) persönlich zu treffen. Doch an diesem Samstag soll genau das plötzlich in Singapur passieren.

Dass sich dabei Xi Jinping aus Peking und Ma Ying-jeou aus Taipeh aus strittigen Statusgründen nicht jeweils als „Präsident“ titulieren, sondern nur als „Herr“, ist eine Petitesse angesichts der großen Symbolik des Treffens und Ausdruck der neuen Flexibilität. Der 2016 aus dem Amt scheidende China-freundliche Ma gilt schon lang als Lame Duck. Er will nur noch in die Geschichtsbücher. Und Xi braucht zur Erfüllung seines „chinesischen Traums“ neue Initiativen gegenüber Taiwan. In der Sache hart, kann er bei der Symbolik flexibel sein.

Da in zwei Monaten in Taiwan ein neuer Präsident gewählt wird und die von Peking favorisierte KMT in Umfrageergebnissen zurückliegt, ist das Treffen natürlich ein Eingriff in den Wahlkampf. 1996 hatte Peking noch mit „Raketentests“ Taiwans Wählern ihre Grenzen gezeigt, was aber kontraproduktiv war. Jetzt versucht es Xi mit der Charmeoffensive eines Treffens, wissend, dass die Zeit für die Volksrepublik arbeitet, die täglich stärker wird und der Taiwan immer weniger entgegensetzen kann.

Das Treffen setzt die in Umfragen führende und zur Unabhängigkeit neigende Oppositionskandidatin Tsai Ing-wen unter Druck, sich klarer zu positionieren und dabei aus Pekinger Sicht hoffentlich Fehler zu machen. Ob die Rechnung aufgeht, ist aber offen. Viele Taiwaner, die mehrheitlich den Status quo beibehalten wollen, sind Pekings Einmischung leid.

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Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

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