Kommentar zu Range und netzpolitik.org: Feige, aber nicht bösartig
Generalbundesanwalt Harald Range war zu feige oder zu höflich. Auch Justizminister Heiko Maas machte in der „Landesverrat“-Affäre keine gute Figur.
H arald Range muss nicht zurücktreten. Der Generalbundesanwalt hat zwar feige gehandelt, als er gegen zwei Journalisten von netzpolitik.org Ermittlungen wegen Landesverrats einleitete. Es liegt aber sehr nahe, dass er von Beginn an weder mit einer Anklage noch mit einer Verurteilung rechnete.
Auch der Vorwurf, er habe Journalisten einschüchtern wollen, ist fernliegend. Landesverrat setzt ein „Staatsgeheimnis“ voraus – ein Geheimnis, das vor „fremden Mächten“ verborgen werden muss. Es geht hier also nicht um die übliche „Verletzung von Dienstgeheimnissen“.
Bei der Verletzung von Dienstgeheimnissen macht sich vor allem die Quelle strafbar, die Journalisten etwas zusteckt. Die bloße Veröffentlichung ist dagegen grundsätzlich nicht strafbar. Anders beim Verrat von Staatsgeheimnissen, hier ist die Veröffentlichung das Verbrechen.
Wer also spricht in dieser Affäre von einem Staatsgeheimnis? Verfassungsschutz-Chef Maaßen hat den Begriff in seiner Strafanzeige zwar nicht benutzt, aber in einem späteren Rechtsgutachten. Als guter Jurist musste er wissen, dass Ermittlungen die logische Folge sind.
Range hätte das Gutachten leicht als abwegig zurückweisen können. Schließlich haben die veröffentlichten Dokumente keinen besonderen Bezug zur äußeren Sicherheit. Der Verfassungsschutz ist ja ein Inlandsgeheimdienst. Doch dazu war Range zu feige oder zu höflich. Deshalb sollte ein externer Gutachter zum Schluss kommen, dass es hier nicht um Staatsgeheimnisse geht.
Justizminister Heiko Maas machte aber auch keine gute Figur. Wäre er deutlicher geworden, hätte Range das Verfahren schon im Mai gestoppt. Im Februar geht Range ohnehin in den Ruhestand. Dann kann Maas eineN neueN GeneralbundesanwältIn berufen, der oder die in entscheidenden Situationen mehr Mut und Grundrechtssensibilität beweist. Darauf kommt es an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben