Kommentar zu Betrug bei Neuland: Kein Fleisch ist auch eine Möglichkeit
Die Bauern, die eine Verschärfung der Siegelkontrolle behindern, schaden sich selbst. Konsumenten sollten lieber Bio-Fleisch essen.
K ann man jetzt wieder Fleisch mit dem Tierschutzsiegel „Neuland“ kaufen? Nachdem die Trägerverbände des Labels am Mittwoch weitere Konsequenzen aus den Betrugsskandalen von Anfang 2014 versprochen haben? Leider nein.
Denn Neuland hat nur angekündigt, durch externe Kontrolleure überprüfen zu lassen, wie viele Neuland-Tiere in einen Schlachthof hineingehen und wie viel Fleisch mit dem Siegel wieder herauskommt. Bislang hat der Verein auf solche Warenflusskontrollen verzichtet. Es ist gut, dass die Neuländer dieses Einfallstor für Betrug schließen wollen. Aber das versprechen sie nun schon seit April vergangenen Jahres, seit der erste Betrugsfall bekannt wurde.
Dass die Reform so lange dauert, liegt nicht nur an der Komplexität der Materie. Denn wahr ist auch: Es gab besonders unter den Neuland-Bauern Widerstände, das Kontrollsystem zu verschärfen.
Damit schaden sie sich selbst. Denn Neuland ist auf das Vertrauen der Verbraucher angewiesen, dass die Tiere gemäß den Regeln des Verbands gehalten werden, etwa mit mehr Platz als in Agrarindustrieställen.
Beim Neuland-Verein kam es 2014 zu zwei schweren Betrugsfällen um falsch etikettiertes Fleisch. Eine Vertriebsgesellschaft in Baden-Württemberg und ein Landwirt sollen jahrelang konventionell gehaltene Tiere als Neuland-Fleisch verkauft haben.
Wenn Neuland zumindest vorläufig wegfällt, was sollen die Verbraucher dann kaufen? Veganer werden sagen: Gar kein Fleisch! Doch wer fleischlos leben will, muss seine Nährstoffzufuhr genau planen, um Gesundheitsrisiken zu vermeiden. Außerdem brauchen Biobauern die Exkremente von Nutztieren als Dünger, wenn sie nicht noch weniger als ihre konventionellen Konkurrenten ernten wollen.
Bleibt die Option Bio-Fleisch: Zwar gibt es auch hier Skandale, aber insgesamt ist Betrug bei Bio immer noch die Ausnahme. Warenflusskontrollen sind hier Standard – das System weist nicht so gravierende strukturelle Mängel auf wie bei Neuland.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Rücktrittsforderungen gegen Lindner
Der FDP-Chef wünscht sich Disruption
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht