Kommentar zu Batterie-Bussen: Nicht der Wahrheit letzter Schluss
Busse müssen in jedem Fall batteriebetrieben fahren, ist das Credo der grünen Berliner Verkehrspolitik. Ob das wirklich so vernünftig ist?
In den kommenden Monaten werden wir noch eine Menge Spaß mit den neuen Batteriebussen der BVG haben. Nicht auszuschließen, dass die teuren Dinger hin und wieder mal liegen bleiben oder gleich das Depot hüten müssen, weil der Akku bei Kälte unerwartet schnell schlapp macht. Auch mediale Häme über die mit Diesel betriebenen Heizungen der langen Gelben ist programmiert.
Trotzdem stehen die Grünen und allen voran ihre Verkehrssenatorin felsenfest zur Grundsatzentscheidung, auf die Batterie als „Leittechnik“ zu setzen, wie Regine Günther gerade wieder betont hat (s. Kasten). Wobei aus dem Interview eine gewisse fachliche Unsicherheit klingt: Denn die Wasserstofftechnologie, der die Senatorin den Elektroantrieb gegenüberstellt, ist auch bei Personenbussen immer die Brennstoffzelle. Die aber liefert nichts anderes als Energie für einen Elektroantrieb.
Verkehrs- und Umweltsenatorin Regine Günther (Grüne) hat die Entscheidung verteidigt, auf batteriebetriebene Busse für die BVG zu setzen. Gleichzeitig warf sie VerfechterInnen von Technologieoffenheit vor, diese wollten „letztlich nur warten und nichts tun“.
In einem am Sonntag erschienenen Interview mit der Berliner Morgenpost räumte Günther ein, es gebe noch „Probleme bei den Rohstoffen“ und offene Fragen beim Recycling. Deutschland habe aber die Verantwortung, beim Klimawandel die „Leittechnik voranzutreiben“, und Berlin als Hauptstadt müsse dabei vorangehen.
Die BVG hat bereits 45 Batteriebusse bei den Herstellern Solaris und Mercedes Benz bestellt, Aufträge für weitere 90 Fahrzeuge sind in Vorbereitung. (taz)
Auch die Brennstoffzelle hat ihre Probleme, unter anderem bei Preis und Wirkungsgrad. Schaut man aber auf die Risiken und Nebenwirkungen der tonnenschweren Stromspeicher, die so ein Batteriebus mitschleppt, erscheint das mit der „Leittechnik“ in eher fahlem Licht: Für deren Hunger nach Lithium oder Kobalt werden in Südamerika und anderswo ganze Ökosysteme aufs Spiel gesetzt, und bald werden uns die Halden ausgedienter Batterien über den Kopf wachsen, die nicht so leicht recycelbar sind wie die AA aus der Küchenuhr.
Günther sollte deshalb darüber nachdenken, ob sie den „Predigern“ von Technologieoffenheit – die unter anderem an ihrer eigenen Basis sitzen – nicht noch mal etwas genauer zuhört. Und den ExpertInnen im eigenen Haus, die hybride Oberleitungsbusse favorisieren, auch.
Diese Technologie kann den Batteriebedarf nämlich stark reduzieren. Obwohl sie im aktuellen Nahverkehrsplan des Senats favorisiert wird, behandelt die Spitze der Senatsverwaltung sie eher stiefmütterlich. Eine für die erste Jahreshälfte versprochene Machbarkeitsstudie etwa lässt weiter auf sich warten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Frauen in der ukrainischen Armee
„An der Front sind wir alle gleich“
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“