Kommentar von Marco Carini über das Dilemma der Grünen: Ganz leise Töne
Leise, aber nicht lautlos. Das Einschreiten der Polizei gegen Übernachtungscamps von G20-Gegnern führt in Hamburgs rot-grüner Koalition zu Spannungen. Galt bislang der hanseatische Kodex, dass sich beide Regierungspartner nur intern die Meinung geigen, kommt nun erstmals öffentliche Kritik der Grünen an der SPD-geführten Innenbehörde. „Gründlich misslungen“ findet Parteichefin Anna Gallina den Einsatz, und bei der grünen Innenexpertin Antje Möller trifft das polizeiliche Repressionsrepertoire auf „großes Unverständnis“.
Für die Hamburger Grünen verkommt der G20-Gipfel zum politischen Eiertanz. Allzu oft hat die SPD ihren kleinen Partner bereits im Vorfeld von G20 düpiert. Da der Gipfel auf Initiative von Angela Merkel und Hamburgs SPD-Bürgermeister Olaf Scholz an die Elbe geholt wurde, konnten die Grünen nur noch abnicken, ihre Forderung nach Übernachtungscamps und mehr Demonstrationsfreiheit fand bei Hamburgs SPD keinen Widerhall.
Die Grünen sitzen zwischen den Stühlen. Über ihre öffentliche Kritik ist Regierungschef Scholz not amused, aus Teilen der eigenen Basis aber trifft in den sozialen Medien ein Shitstorm die ehemalige Bürgerrechtspartei, deren politische Prinzipienlosigkeit derzeit auch bundesweit augenfällig ist. Zur kontroversen Debatte über die Versammlungsfreiheit im Schatten des G20-Gipfels jedenfalls hat sie derzeit inhaltlich nichts beizutragen.
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