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Kommentar von Eric Bonse über den Brüsseler Streit um AbgaswerteNachzügler Deutschland

Die deutsche Autoindustrie – und die ihr innig verbundene Autokanzlerin – stehen dem technischen und ökologischen Fortschritt im Wege. Diesen Eindruck vermittelte das turbulente Treffen der EU-Umweltminister in Luxemburg.

Mehr als zwölf Stunden verkämpfte sich Kanzlerin Angela Merkel, die aus dem fernen Berlin die Strippen zog und Umweltministerin Svenja Schulze wie eine Marionette aussehen ließ, für niedrige CO2-Grenzwerte für Neuwagen.

30 statt 40 oder 50 Prozent Reduzierung der klimaschädlichen Abgase – das war die Devise, die VW und Daimler ausgegeben hatten. Doch die deutsche Position ließ sich nicht durchhalten. Am Ende wurden es 35 Prozent. Das sieht auf den ersten Blick wie ein klassischer Kompromiss aus. Doch es ist eine doppelte Niederlage. Zum einen stand Deutschland am Ende allein auf weiter Flur. Nur Bulgarien und Ungarn unterstützten den konzernfreundlichen Kurs.

Für das Autoland Deutschland ist das beschämend – und für die „Klimakanzlerin“ erst recht. Merkel musste sich bei ihren Bremsmanövern auf technologisch eher rückständige Osteuropäer stützen, um angeblich zu weitgehende Umweltauflagen zu verhindern.

Noch schlimmer aber ist der Imageschaden, den die Kanzlerin und die ihr verbundene Autoindustrie von diesem EU-Treffen davontragen. Vorbei die Zeiten, da Volkswagen „das Auto“ war – und die EU-Politiker sich vor den deutschen Ingenieursleistungen verneigten.

Seit dem Dieselgate gibt es keine Rabatte für VW & Co. mehr. In Luxemburg stand die deutsche Schlüsselbranche nicht mehr als Vorbild da, sondern als Nachzügler. Wer nicht bereit sei, den Autobauern ehrgeizige Klimaziele zu setzen, werde den Anschluss verpassen, warnte der grüne Luxemburger Umwelt-Staatssekretär Claude Turmes. Das war keine Minderheitenmeinung, im Gegenteil: Das ist der neue Konsens in der EU. Selbst große Autoländer wie Frankreich oder Italien sprachen sich für ehrgeizigere Umweltziele und die Abkehr vom Verbrennungsmotor aus.

Sie sind im 21. Jahrhundert angekommen – und haben verstanden, dass ehrgeizige Umweltauflagen der Branche helfen können, den überfälligen technologischen und ökologischen Wandel zu vollziehen. Fortschritt durch Klimaschutz, so die neue Devise.

Deutschland und seine Kanzlerin hingegen scheinen immer noch Rudolf Diesel und seiner Technologie aus dem 19. Jahrhundert anzuhängen. Doch das Dieselgate und der sich dramatisch beschleunigende Klimawandel haben die deutsche Position unhaltbar gemacht.

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