Kommentar über Zögerlichkeit der Kirche gegenüber Roma: Die Kirche macht den Scholz
Statt sich gegen die Diskriminierung der Roma einzusetzen, setzt die Kirche auf eine Abschiebung auf Raten. Kirchenasyl steht nicht zur Debatte.
Von Anfang an hatte die Nordkirche klar gemacht, sie werde der Roma-Gruppe im Michel kein Kirchenasyl gewähren. Damit hatten die Roma kein politisches Druckmittel mehr; mit ihrer Forderung nach einem Bleiberecht als Gruppe waren sie gescheitert.
Die Einzelfallprüfung, die die Kirche ihnen nun anbietet, ist aussichtslos. Denn ihre Asylverfahren sind ja längst entschieden. Und eine erneute Prüfung müssten dieselben Behörden vornehmen, wenn auch mit freundlicher Begleitung der kirchlichen Flüchtlingsberater. Clever ist, dass die Kirche dieses Schein-Angebot an den Umzug der Roma knüpft: Über die Stadt verteilt, sind sie als Gruppe nicht mehr handlungsfähig – und vor allem nicht mehr so sichtbar wie am Fuße von Hamburgs Wahrzeichen.
Abgeschoben werden die Roma dann einzeln, nach der Einzelfallprüfung. Erinnert das Wort jemanden an etwas? Richtig, es ist dasselbe „Angebot“ wie von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) an die Lampedusa-Flüchtlinge. Statt einen Ausweg aufzuzeigen, macht die Kirche den Scholz. Ein Verstecken hinter Gesetzen, wo Politik gefragt ist.
Bitter, dass heute noch nicht einmal mehr die Kirche sich dafür zuständig fühlt, der Diskriminierung der Roma entgegenzutreten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag