Kommentar über Aufklärungsunterricht: Lektionen in politischer Bildung
Eine Befragung besagt, dass Schüler sich mehr Liebe im Aufklärungsunterricht wünschen. Die Bildungsverwaltung sollte das ernst nehmen.
Kaum etwas treibt Teenager mehr um als die Entdeckung der eigenen Sexualität. Und was machen die Schulen daraus? Verbannen das Thema längst nicht mehr ausschließlich aber immer noch viel zu oft in den Biologieunterricht und beschränken sich dort darauf zu erklären, wie der Körper funktioniert. Auch wichtig, aber nicht genug, wie nun auch eine Befragung der Evangelischen Schulstiftung von Siebt- bis 13-KlässlerInnen zeigt. Zwar konzentriert sich die Befragung auf evangelische Schulen in Berlin und Brandenburg. Doch auch die unterrichten nach denselben Rahmenlehrplänen wie die staatlichen Schulen.
Immer wieder sagen ExpertInnen, die Antigewaltworkshops in Schulen geben: „Schwuchtel“ ist ein gängiges Schimpfwort auf den Schulhöfen. Diskriminierungen wegen des Körpers, sexueller Orientierung, Behinderung liegen bei den gemeldeten Fällen aus Schulen auf dem zweiten Platz hinter rassistischen Diskriminierungen (von einer hohen Dunkelziffer darf man ausgehen). Wer es schafft, mit Jugendlichen die Themen Sexualität und Vielfalt zu diskutieren, vermittelt also auch Lektionen in Demokratieerziehung.
Davon abgesehen ist das Privateste ohnehin von je her politisch: Die konservative Rechte instrumentalisiert das Thema mit Vorliebe für sich. Die AfD ist im Sinne der kinderreichen Familie grundsätzlich dafür, jegliche „Gender-Ideologie“ aus den Schulen zu verbannen.
Und dann erinnere man sich an die Broschüre der Bildungsverwaltung aus dem vergangenen Jahr, „Murat spielt Prinzessin, Alex hat zwei Mütter und Sophie heißt jetzt Ben“. CDU und AfD wollten das Heft – das sich allerdings bereits an Kita-Kinder richtet – stoppen (was nicht gelang, die Broschüre wurde stattdessen mit dem Respektpreis des Bündnisses gegen Homophobie ausgezeichnet).
Insbesondere nichtheterosexuelle Jugendliche brauchen die Schule als Schutzraum – und fast alle der Befragten wünschen sich mehr Schutz vor Diskriminierung durch kompetent handelnde Lehrkräfte. Diese Erkenntnis sollte die Bildungsverwaltung umtreiben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Israel und Hisbollah
Waffenruhe tritt in Kraft