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Kommentar deutsch-griechischer GipfelGegen die Logik des Feindbilds

Kommentar von Klaus Hillenbrand

Die Kommunikation zwischen den beiden Ländern war oft desaströs. Jetzt kommt Tsipras nach Berlin. Empathie ist nun als Grundlage europäischen Denkens gefragt.

Ziemlich beste Feinde: Tsipras und Merkel. Bild: dpa

E s sollte eigentlich Routine sein: Der Regierungschef eines EU-Mitgliedslands besucht Berlin und trifft die Bundeskanzlerin. Doch tatsächlich handelt es sich bei der Visite von Griechenlands Premier Alexis Tsipras um einen emotional von allen Seiten aufgeladenen Staatsbesuch, bei dem das vermeintlich abgrundtief Böse auf das ausschließlich Gute trifft.

Diese Rollen sind nach den nationalen Narrationen streng verteilt: In Athen gilt Merkel als die gefährliche europäische Strippenzieherin, die einer stolzen Nation die Ehre abschneiden möchte. In Berlin steht Tsipras für den unseriösen Windhund aus einem Pleitestaat, der „unser“ Geld abgreifen will. So weit ist es also gekommen in unserem Haus Europa.

Dafür tragen beide Seiten Verantwortung. Die desaströse Kommunikation der Syriza-Regierung hat dazu geführt, dass Griechenland seine Kritiker mit reichlich Munition ausgestattet hat. Die pampigen und oberlehrerhaften Antworten, etwa von Finanzminister Wolfgang Schäuble, besorgen den Rest. In den Augen vieler Deutscher und Griechen ist der jeweils andere zum Feind geworden.

Politisch ist vom Merkel-Tsipras-Treffen keine Entscheidung zu erwarten. Viel wäre jedoch gewonnen, wenn damit eine verbale Abrüstung eingeleitet werden könnte. Diese Rückkehr zum rationalen Denken ist Bedingung dafür, dass die Politik in Brüssel, Berlin und Athen auch zu rationalem Verhalten zurückfindet – jenseits der Balkenüberschriften des deutschen Boulevards und der Hitlerbärtchen von Athener Karikaturisten.

Auch dann wird es selbstverständlich weiterhin unterschiedliche Sichtweisen geben, schon deshalb, weil der linke Tsipras die grundsätzliche Ausrichtung Europas auf eine wirtschaftliche Gesundung durch Sparen ablehnt, während die konservative Merkel als wichtigste Verfechterin dieser Austeritätspolitik gilt.

Aber es gibt einen Unterschied zur Logik des Hasses: Wenn ein Land, dessen Wähler mehrheitlich andere politische Meinungen vertreten, zum Feind erklärt wird, dann muss sich auch niemand mehr Gedanken darüber machen, wenn die Menschen in diesem vermeintlichen Feindesland im Elend leben müssen. Das Schlüsselwort lautet Verständnis – für die Sorgen und Ängste der jeweils anderen Bevölkerung. Diese Empathie löst keine politischen Meinungsunterschiede – aber sie muss Grundsatz europäischen Denkens bleiben.

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taz-Autor
Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024
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6 Kommentare

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  • Es geht nicht um mehr oder weniger Empathie im Umgang miteinander. Es geht um die Frage, wer die Wirtschaftsentwicklung und Politik in Europa bestimmt. Diejenigen, die die Banken mit Milliarden Steuer-Euro bisher vor dem Zusammenbruch gerettet haben? Griechenland mit einer Wirtschaftskraft wie Hessen: 'Peanuts'! Es geht darum die sich zuspitzende soziale Entwicklung in Spanien, Protugal, Italien, Irland und Frankreich in den Griff zu bekommen. An der Syriza-Regierung soll in Berlin exemplarisch vorexerziert werden, was anderen EU-Staaten blüht, falls sie sich dem Diktat der Banken und der Deutschen Regierung verweigern. Überall müssen die kleinen Leute die Zeche zahlen - auch bei uns. Nur hier folgt die vor dem Abstieg verängstigte Mittelschicht eher 'Pegida' und anderen Nationalisten. Es geht nicht um ein 'WG-Gespräch' mit einem renitenten Mitbewohner, das durch psychologische Trickkiste entspannt werden kann - es geht um knallarte Interessen.

  • Es gibt Hoffnung, selbst BLÖD, äh BILD begrüßt Tsipras mit der Schlagzeile: "Willkommen in Deutschland, Herr Tsipras!"

     

    Der Beginn einer Völkerfreundschaft? Oder stand die Redaktion etwa unter der Einwirkung illegaler Substanzen?

  • Na ja;...Stellen wir doch einmal den Politiker Helmut Kohl neben den Politiker Janis Varoufakis. Kohl hat sich vor Jahren,soweit uns historisch bekannt ist,der deutschen Vereinigung

    wegen zur geschwinden Einführung des Euro nötigen lassen.Varoufakis befeit uns nun-mit Stinkefinger von den Fesseln einer-wohl falschen Austäritätspolitik.Welcher Politiker hat mehr Mut? Paßt unsere Angela mit ihrem ansehnlichen Dekollete

    wähend der bayrrrrrreuther Festspiele nicht besser zu Varoufakis?

    Vielleicht zeigt sie wieder Mut in Beziehung zu Kohl;-und es gibt bald einen Merkelplan

  • Beim Geld hört der Spaß respektive Empathie auf und umso höher, desto stärker.

    • @lions:

      Mit Verlaub - jemand, für den die Empathie bereits beim Geld aufhört, hat von vornherein nicht viel davon. Mitgefühl ist gerade dort am wertvollsten, wo es um den Ernst des Lebens geht!

      • @Megestos:

        Wem sagen Sie das ?