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Kommentar ZukunftsvorsorgeSchwarzbrotessen fürs Alter

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Deutsche Versicherer fordern mehr Selbstkontrolle für ein besseres Leben im Alter. Aber dazu braucht man erst mal genug Zeit, Kraft – und Geld.

Mit 79 noch sprinten? Das muss man sich erst mal leisten können Foto: dpa

S o sieht sie also aus, die Bürgerin oder der Bürger, die oder der sich perfekt auf das Alter vorbereitet: Geht mehrmals in der Woche ins Fitnessstudio, isst viel Vollkornbrot und Gemüse, verbringt regelmäßig Zeit mit Familie und Freunden und legt allmonatlich eine ordentliche Summe auf die hohe Kante: für später, fürs Alter, anstatt das Geld für Klamotten oder Reisen rauszuhauen.

„Zukunftsorientiertes Handeln erfordert Selbstkontrolle in der Gegenwart“ ist eine Studie im Auftrag der Deutschen Versicherungswirtschaft betitelt. Selbstkontrolle! Glück klingt irgendwie anders.

Vollkornbrot essen, sich in Konsumverzicht üben und sparen für später – das ist allerdings erstens eine Klassenfrage und zweitens ein Rezept, das sich als unwirksam erweisen könnte, wenn das Leben anders spielt. Der fitnessgestählte und bioversorgte Körper kann genauso vorzeitig von Krebs befallen werden wie der Körper eines Menschen, der viel getrunken und geraucht hat.

Das sauer Verdiente nicht zu sparen, sondern lieber zwei Monate freizunehmen und die Radtour durch China zu machen kann zudem auch eine Form der mentalen Altersvorsorge sein, weil man damit wertvolle Erinnerungen schafft. Leave no regrets!, sagt die Glücksforschung. Es ist ein Rat, den auch Menschen mit lebensverkürzenden Krankheiten an ihre Freunde weitergeben.

Schlecht bezahlte Verschleißjobs

Sich in „Selbstkontrolle“ für die Altersvorsorge üben zu können ist auch eine Klassenfrage. Man muss die Zeit, die Kraft und das Geld haben, um ins Fitnessstudio gehen und allmonatlich Geld für später sparen zu können. Die Kraft haben Leute in schlecht bezahlten Verschleißjobs nicht, erst recht nicht, wenn sie im Schichtdienst ackern.

Der Appell zur individuellen „Selbstkontrolle“ ebnet die Klassenunterschiede nicht ein. Und die Illusion, die Zukunft kontrollieren zu können, schützt nicht vor dem Leben und dessen Ab- und Umbauprozessen. Diese zu akzeptieren erfordert eine ganz andere Form der Auseinandersetzung.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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6 Kommentare

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  • Gesunde "Ernährung" soll eine Klassenfrage(konkret: Finanzenfrage) sein?

    Verzicht auf Fleisch, künstlichen Zucker und zuviel Fett. Außerdem weder rauchen noch Alkohol konsumieren.

     

    Handelt man danach, spart man Geld.

    Bei jedem Aldi gibt es günstige Lebensmittel, die der Kategorie

    "Gesunde Ernährung" entsprechen.

     

    Man muß also die Zeit,Kraft und das Geld haben, um ins Fitneßstudio gehen zu können.

    Interessant. Man kann also nicht zu Hause mit Gewichten trainieren? 2x 30 Minuten pro Woche reicht.

    Oder man kann nicht zu Hause Yoga oder Pilates machen oder in den Verein zum Turnen gehen?

    (Letzeres können bestimmte Berufsgruppen vielleicht tatsächlich nicht.)

     

    Leute in schlecht bezahlten Verschleißjobs haben die Kraft (insbesondere bei Schichtarbeitern) also nicht?

    Es tut mir leid, aber das stimmt schlichtweg nicht. Richtig mag durchaus sein, daß die Muskelgruppen, die man

    verschleißt während des Jobs, nicht mehr trainiert werden sollen und dürfen, aber die anderen schon.

     

    Gerade die Leute in den Verschleißjobs müssen ins Fitneßstudio (oder zu Hause trainieren),

    um die untrainierte Muskelgruppen zu trainieren. Und dafür haben Sie durchaus die Kraft,

    die Muskelgruppen sind ja kaum beansprucht worden.

     

    Der entscheide Punkt sind nicht Geld- oder Sachzwänge, sondern psychologische Gründe.

    Menschen mit geringe(re)m Einkommen können sich weniger Komfort leisten.

    Z.B. zu Hause mit Gewichten zu trainieren, insbesondere nach der Arbeit,

    erfordert eine höhere Willensstärke als ins Fitneßstudio zu gehen.

  • Hach ja. Die Versicherungswirtschaft. Die Guten. Wie sie sich doch um uns sorgen! Uns mit klugen, wertvollen Ratschlägen das Leben leicht machen ... Man könnte gerührt sein. Senn man nicht wüsste, wozu das Ganze dient.

  • "…Zukunftsorientiertes Handeln erfordert Selbstkontrolle in der Gegenwart“ ist eine Studie im Auftrag der Deutschen Versicherungswirtschaft betitelt. Selbstkontrolle! Glück klingt irgendwie anders.…"

     

    Mit Sicherheit ist es aber für die Gesundheitsvorsorge wesentlich wirksamer & deutlich leichter auf seiten der Krankenversicherer umzusetzen - Wenn diese den Ukas an ihre Angestellten bitte aufheben möchte " Bei Androhung der Abmahnung ist untersagt - unsere Kunden (von deren Geld wir leben & unsere Paläste bauen - gell)

    Ist untersagt - diese zu beraten!

    Nur auf Nachfrage ist auf weitere zusätzliche Therapiemöglichkeiten hinzuweisen!"

    Dieser Aufhebung wir mit Dank im Voraus frohen Herzens & in alter Frische entgegen gesehen!

    Ja sicher. Gerne & Dannich für!

    Wir helfen immer gern!

    Bleibt so. Versprochen!

    Nein. Nein - Wir - Sind nicht so abgefeimt dreist!

    Ja. Das überlassen wir gern den gut dotierten Fachkräften. Genau!

  • Ziemlich unverschämt... Wie soll jemand jeden Monat anständig was auf die hohe Kante legen, wenn es schon so kaum zum Leben reicht, weil er sich zwischen prekären Jobs, Arbeitslosigkeit und prekärer Selbständigkeit durchhangelt?

    • @Mustardman:

      Der Auftraggeber der "Studie" ist die deutsche Versicherungswirtschaft. Mal ehrlich: Es wäre ein Wunder, wenn die zu einem anderen Ergebnis kommen würde.

       

      Wenn der gemeine Alterssparer dann mal in Schieflage kommt und Hartz4 beantragen sollte, muss zu allererst das Ersparte dran glauben. Dabei müssen auch große Verluste in Kauf genommen werden. Steht so sicher auch nicht in der Studie.

    • @Mustardman:

      Der Auftraggeber der "Studie" ist die deutsche Versicherungswirtschaft. Mal ehrlich: Es wäre ein Wunder, wenn die zu einem anderen Ergebnis kommen würde.

       

      Wenn der gemeine Alterssparer dann mal in Schieflage kommt und Hartz4 beantragen sollte, muss zu allererst das Ersparte dran glauben. Dabei müssen auch große Verluste in Kauf genommen werden. Steht so sicher auch nicht in der Studie.