Kommentar Zuarbeit türkische Gerichte: Einbürgern statt ausweisen
Die deutsche Öffentlichkeit empört sich über die Inhaftierung von Deniz Yücel. Gleichzeitig will Hamburg einen Erdogan-Kritiker abschieben.
Denn nichts anderes ist es ja: Wenn Deniz Yücel für das, was er geschrieben hat, im Gefängnis schmoren muss, dann ist die Gefahr für einen wie Adil Yiğit erst recht hoch, der sich im Grenzbereich von Aktivismus und Journalismus bewegt und aus seiner Sympathie für die kurdische Sache keinen Hehl macht. Das Regime von Präsident Erdoğans AKP kritisiert er vehement.
Und die gerade vor dem Europäischen Gerichtshof wieder verdächtig laut beschworene Unabhängigkeit der türkischen Justiz ist nicht mehr als eine Behauptung: In einem ordentlichen Rechtsstaat wäre ein Verfahren gegen Deniz Yücel nach den öffentlichen Vorverurteilungen durch den allmächtigen Präsidenten Erdoğan nicht mehr möglich.
Die türkische Justiz müsste noch nicht einmal auf Yiğits Vergangenheit in einer militanten, linksradikalen Splittergruppe rekurrieren, um gegen ihn vorzugehen. Und das sollten auch deutsche Behörden nicht. Seine Strafe dafür hat er lange verbüßt und er ist seither unbescholten. Fragt sich, warum die Hamburger Ausländerbehörde ihm geraten hat, seinen sicheren Flüchtlingsstatus aufzugeben – und dann nicht zumindest im selben Atemzug auch dazu, die Einbürgerung in Deutschland zu beantragen? Schwer vorzustellen, dass da nicht Geheimdienste die Finger im Spiel hatten.
Aber es ist ja nie zu spät: Bürgert Adil Yiğit ein! Sorgen um seinen Lebensunterhalt muss sich niemand machen: Der Mann macht eine sozialpädagogische Fortbildung – also in einem der größten Mangelberufe in der Stadt. Und er kennt sich mit türkischstämmigen Jugendlichen aus, unter anderem auch mit islamistischer Radikalisierung. Noch Fragen?
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