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Kommentar Zschäpe im NSU-ProzessZeit, die Hoffnung zu begraben

Konrad Litschko
Kommentar von Konrad Litschko

Nun ist klar: Beate Zschäpe wird zur Aufklärung des NSU-Terrors nichts beitragen. Für sie geht es nur noch um ein reduziertes Strafmaß.

Verweigert weiterhin Informationen: Beate Zschäpe Foto: dpa

E s ist ein letzter Befreiungsversuch – und ein aussichtsloser. Am 313. Tag des NSU-Prozesses äußert sich Beate Zschäpe doch noch mit eigener Stimme zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen. Zu den zehn Morden, zwei Anschlägen und 15 Raubüberfällen des NSU. Ihr reichen dafür wenige kurze Sätze. Sie verurteile diese Taten und distanziere sich von ihrer früheren Neonazi-Gesinnung. Dann schweigt sie wieder.

Warum aber sagt sie es erst jetzt? Nach dreieinhalb Jahren Verhandlung und fünf Jahre nach ihrer Verhaftung? Ohne Probleme hätte Zschäpe diese Sätze von Anfang an aussprechen können – wenn sie denn je ernstgemeint gewesen wären.

Ihr Überraschungsauftritt zeigt daher nur, wie sehr die Angeklagte in die Defensive geraten ist. Es geht ihr nur noch um Schadensbegrenzung, um die Abwendung einer wahrscheinlichen Höchststrafe. Erneut hält sie ihre Erzählung völliger Unbeteiligtheit dagegen: Alles war das Werk ihrer Untergrundkumpanen Mundlos und Böhnhardt. Sie selbst habe sich längst vom rechten Gedankengut befreit.

Zschäpe wird damit nicht durchkommen. Warum verschickte sie noch 2011 die Bekenner-DVD des NSU – ein Werk, das an rassistischer Menschenverachtung nicht zu überbieten ist? Und warum weigert sie sich bis heute, Fragen der Opferangehörigen zu den Verbrechen zu beantworten? Weil ihre Erzählung so fragil ist? Mit ihrem vorgeblichen Bedauern der Taten jedenfalls passt all das nicht zusammen.

Für die Familien der Getöteten, die diese Fragen seit Jahren plagen, muss der Donnerstag wieder ein schrecklicher Tag gewesen sein

Es ist Zschäpes Recht, sich so zu verteidigen, dass sie im günstigsten Licht erscheint. Daneben aber steht eine Bilanz, die man fast fünf Jahre nach Bekanntwerden der schwersten rechtsterroristischen Verbrechen jüngerer Zeit ziehen muss. Und die bleibt kläglich: Noch immer ist unklar, ob es weitere Helfer der Terroristen gab, woher sie ihre Waffen hatten, wonach sie ihre Opfer aussuchten.

Für die Familien der Getöteten, die diese Fragen seit Jahren plagen, muss der Donnerstag wieder ein schrecklicher Tag gewesen sein. Wieder bekamen sie keine Antworten, wieder kreiste alles nur um Zschäpe. Es ist an der Zeit, die Hoffnung auf weitere Aufklärung durch den NSU-Prozess zu begraben. Vielleicht können Untersuchungsausschüsse sie noch befördern oder unnachgiebige Ermittler. Sicher ist aber: Von Beate Zschäpe wird keine Erhellung mehr kommen.

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Konrad Litschko
Redaktion Inland
Seit 2010 bei der taz, erst im Berlin Ressort, ab 2014 Redakteur für Themen der "Inneren Sicherheit" im taz-Inlandsressort. Von 2022 bis 2024 stellvertretender Ressortleiter Inland. Studium der Publizistik und Soziologie. Mitautor der Bücher "Staatsgewalt" (2023), "Fehlender Mindestabstand" (2021), "Extreme Sicherheit" (2019) und „Bürgerland Brandenburg" (2009).
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3 Kommentare

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  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    Etwas anderes hat man kaum erwarten können. Jede Auskunft über die Taten wäre eine Art Geständnis. Die Liste derjenigen die sich durch Aussagen geschadet haben ist lang und es war von Frau Zschäpe aus juristischer Sicht vermutlich eine gute Idee den Mund weitreichend zu halten.

     

    Aufklärung über das was tatsächlich passiert ist kann man sich, wenn überhaupt, erst nach dem Prozess erhoffen.

  • Ich finde es verstörend

    eine solche Person

    lachend

    auf der ersten Seite

    ...

  • Schon mekwürdig, welche "Hoffnungen" auf die Nazi-Frau Tschäpe gesetzt worden sind. Soll sie den Glauben an Recht und Gerechtigkeit retten?

     

    Man kann mit Tschäpe Mitleid wegen ihres verfuschten Lebens empfinden. Erwartungen, das sie irgendwas Gutes für die Menschheit tut, sind völlig fehl am Platz.