Kommentar Westerwelle und Ägypten: Wo ist die deutsche Außenpolitik?
Egal was passiert, Guido Westerwelle mahnt im Anschluss, doch bitte den Dialog zu suchen. Aber die Ereignisse sind zu dramatisch für diese Floskeln.
N atürlich: Bundesaußenminister Guido Westerwelle ruft die Konfliktparteien in Ägypten mal wieder zum Dialog auf. Zur Vernunft. Gegen Gewalt. Klingt immer richtig und ist europaweit konsensfähig. Aber wen interessieren diese Floskeln noch?
Am Sonntag erstickten mindestens 36 islamistische Häftlinge, am Montag wurden 24 ägyptische Polizisten bei einem Anschlag im Sinai getötet. 1.000 Menschen sind in nicht einmal zwei Wochen gestorben. Westerwelles Worte illustrieren, wie wenig dem Außenministerium und auch der EU zu den dramatischen Ereignissen in Ägypten einfällt.
Dabei sind schon die Pressemitteilungen, die die ägyptische Regierung neuerdings über ihre Botschaften an die ausländische Presse verschicken lässt, so beunruhigend wie entlarvend. Hier ist beim Punkt „Wille des Volkes“ nicht mehr von Wahlen und Demokratie die Rede, sondern von den großen Demonstrationen im Januar 2011 und im Juni 2013. Das sei der Volkswille, der „umgesetzt werden muss“. Abstimmung mit den Füßen, nicht mehr an der Urne.
In Ägypten ist ein Kulturkampf ausgebrochen. Die kurze Herrschaft der Muslimbrüder hat der liberalen Bewegung gespiegelt, dass es etwas gibt, das ihr wichtiger ist als faire Wahlen: Sie will frei von den Zwängen der Islamisten leben, zur Not mithilfe des Militärs. Nur so ist zu verstehen, warum so viele ehemalige Revolutionäre selbst nach dem Blutbad von vergangener Woche die Armee und die Sicherheitskräfte so vehement verteidigen.
Der Kulturkampf zwischen „Liberalen“ und Islamisten ist schon lange überfällig. Doch der Zweck heiligt hier keinesfalls die Mittel. Der Mangel an Mitleid und der Hass in weiten Teilen der liberalen Bewegung sind abstoßend. Wer seinen Gegnern keine Menschenrechte zugesteht, kann sie auch selbst nicht einklagen.
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