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Kommentar Wahl in PolenEin fatales Zeichen für die EU

Der Durchmarsch der Rechten und Rechtsradikalen in Polen schwächt die EU. Geld aus Brüssel wird aber auch die neue Regierung fordern.

Hetzen gern gegen EU und Flüchtlinge: Parteichef Kaczynski und PiS-Spitzenkandidatin Beata Szydlo. Foto: dpa

So rechts wie am Sonntag haben die Polen noch nie gewählt. Alle linken Parteien flogen aus dem Parlament. Die bisherige liberalkonservative Regierungspartei Bürgerplattform (PO) bleibt zwar zweitstärkste Partei im Sejm, dem polnischen Abgeordnetenhaus, sank aber dramatisch in der Wählergunst ab. Die absolute Mehrheit hingegen gewann die rechtsnationale Recht und Gerechtigkeit (PiS), die in gut einem Monat die neue Regierung Polens stellen wird.

Damit nicht genug gaben Polens Wähler auch noch der rechtsradikalen Bewegung Kukiz‘15 des Rocksängers Pawel Kukiz so viele Stimmen, dass die Rechtsradikalen nun drittstärkste Kraft im polnischen Parlament sind.

Für die EU ist das ein fatales Zeichen. Denn Polens rechtsnationale und rechtsradikale Parteien nehmen zwar gerne das Geld aus Brüssel an – bis 2020 wird Polen rund 105 Milliarden Euro Zuschüsse aus der EU-Kasse erhalten –, wollen aber ansonsten möglichst wenig mit der EU zu tun haben.

Mehrfach kritisierte der PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski in der Vergangenheit die bisherige EU- und Außenpolitik Polens als „Verrat an den Interessen Polens“, als ein „Auf-den-Knien-Rutsche-vor-den-Deutschen“ oder als „Feigheit vor dem Diktat aus Brüssel.“

Gemeinsam gegen Brüssel, Berlin und Paris

Im Wahlkampf kurbelte Kaczynski kräftig die Angst vor der „Migrantenwelle“ an, die Polen am besten erst gar nicht ins Land „schwappen“ lassen sollte. Stattdessen solle sich Polen an die Spitze der aus Ungarn, Tschechien, Slowakei und Polen bestehenden Visegrád-Gruppe setzen und gemeinsam mit diesen Front machen gegen Brüssel, Berlin und Paris.

Aufrufe zur Solidarität innerhalb der EU pariert die PiS gerne mit einem Gegenaufruf zur EU-Solidarität mit Polen gegen die angeblich egoistischen Deutschen, die mit den Russen die Gas-Pipeline Nordstream-II durch die Ostsee bauten. Das Gas-Geschäft dient der PiS als Beweis dafür, dass Russen und Deutsche nach wie vor die Erzfeinde Polens seien.

Dass ein großer Teil der EU-Milliarden für Polen aus Deutschland stammt, verschweigt die PiS dabei wohlweislich. Der lachende Dritte beim bevorstehenden EU-Flüchtlings-Streit mit Polen sitzt in Moskau.

Denn: Durch die neue rechtsnationale Regierung in Polen wird die EU noch ein bisschen schwächer und instabiler, als sie heute schon ist.

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16 Kommentare

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  • Polen hatte immer schon eine Tendenz zum rechtskonservativen Nationalismus und zur nationalen Großmannssucht, wie u.a. auch die Verehrung Piłsudskis zeigt. Auch Lech Wałesa setzte auf genau diese Karte. Polen hat allerdings eine lange Geschichte von Demütigungen und Teilungen durch Deutschland und Russland hinter sich. Die nächsten dieser Kandidaten züchtet die EU unter Deutschlands Regie sich gerade überall an der Peripherie heran.

    • 4G
      4845 (Profil gelöscht)
      @Khaled Chaabouté:

      "Polen hatte immer schon eine Tendenz zum rechtskonservativen Nationalismus und zur nationalen Großmannssucht"

       

      Deutschland dann wohl aber noch viel länger!

  • Ich kann immer wieder nur den Kopf schütteln wenn Länder die unter dem Nationalsozialismus gelitten haben selbst Rechts wählen...

    Das Diktat von Berlin, soso. Wir haben Polen also in die EU gezwungen, da muss man sich natürlich gegen wehren! Am besten indem man Austritt! Ach nein, dann kommt ja kein Geld mehr von der EZB!

     

    Aber wir dürfen als Deutsche ja nichts sagen, sonst passiert das hier: https://youtu.be/vIJkM7JBDdQ?t=101

    • 4G
      4845 (Profil gelöscht)
      @derSchreiber:

      Die PiS ist national-konservativ. Deswegen braucht man diese aber noch lange nicht mit den Nazis gleichsetzen!

  • "Dass ein großer Teil der EU-Milliarden für Polen aus Deutschland stammt, ...": und wo hat Deutschland seine Milliarden hergeholt, wenn nicht aus den europäischen Kolonien und Vassalenstaaten?

    • @mémoirecourte:

      In Deutschland werde Steuern bezahlt. Kolonien gibt es keine mehr.

  • Rechte sind zum Kotzen,egal in welchem Land.Klar gewinnen sie mit ihren Argumenten Wähler,denn wer verkündet "Wir kümmern uns nur um unsere eigene Interessen,und kassieren weiterhin Unterstützung durch die EU!",der hat bei Nationalegoisten immer einen guten Stand.Schluß sein muss mit diesen Unterstützungszahlungen für Länder,die sich nicht solidarisch zeigen in Zeiten der Not!!! Und das von einem Land,das einmal mit einer Gewerkschaft "SOLIDARITÄT"die Freiheit erkämpfte,aber es ging ja auch ausschließlich um die Polnische Freiheit.Die kleine hä0ßliche Kartoffel leckt der angewidert schauenden Tante die Hand ab.Igitt!

    • 4G
      4845 (Profil gelöscht)
      @Markus Müller:

      Die Gewerkschaft die Sie meinen schreibt sich übrigens Solidarność!

  • Unendlich Schade. Die Rechtspopulisten gewinnen überall an Boden. Das ist auch die Schuld der Linken. Wir müssen mehr und intensiver gegen Rechts aufklären. Aufklärung ist die beste Waffe gegen Rechts.

  • Ich kann mich erinnern - das war die berühmte Kartoffelparodie. Kazcynski hat damals sehr beleidigt reagiert.

     

    Wieviel Millionen Polen hat Deutschland eigentlich bereits aufgenommen - angefangen mit den lange integrierten Gastarbeitern im 19. Jahrhundert, die im Bergbau unterkamen? Jetzt gegen Deutschland zu hetzen und sich zu weigern, eine angemessene Anzahl von Flüchtlingen aufzunehmen, das paßt überhaupt nicht! Das ist Nationalismus und Populismus pur!

    • @Peter A. Weber:

      überlegen Sie warum so viele Polen ihre Heimat verlassen mussten. War das nicht der Teilung Polens geschuldet an der Österreich ,Russland und Preußen beteiligt waren ? Das Land hat man ausgebeutet und Männer als Kanonenfutter benutzt aber jetzt schreit man nach Solidarität,lächerlich.

    • 4G
      4845 (Profil gelöscht)
      @Peter A. Weber:

      Wir können auch gerne mal nach rechne wieviel polnischen Zwangsarbeiter Deutschland "aufgenommen" hat... knapp 2 Millionen... Danke dafür!

  • Die "EU-Milliarden für Polen" stammen von der EZB!

    • @BigRed:

      Und die EZB hat die Milliarden irgenwo ausgegraben. Klingt glaubhaft!

      • @Peter A. Weber:

        man sollte den Jährlichen Überschuss im Handel mit Polen nicht vergessen,es sind circa 8 Milliarden Euro.Dagegen mit so oft gelobten China und Russland hat man nur Defizit. Dazu nach Polnischen Schätzungen werden Jährlich um 10 bis 15 Milliarden Euro gewinne in die Westeuropa transferiert. Rechnen Sie dazu noch die Zinsen die Polen an Deutschland für aufgenommene Kredite bezahlt dann bleibt nichts von den Subventionen. In Polen nichts mehr ist Polnisch,die meisten Banken und Industrie befinden sich in Deutschen Händen. Erst hat man eigene waren unter Produktionskosten verkauft (Beispiel Zucker)und als die Polnischen Firmen nicht mithalten konnten hat man sie aufgekauft und Preise über das Deutsche Niveau angehoben.Vielleicht kann sich noch jemand erinnern als man in der Presse geschrieben das Polen nach Deutschland kommen um Zucker zu kaufen.