piwik no script img

Kommentar Waffenstillstand UkraineViel PR und wenig Frieden

Bernhard Clasen
Kommentar von Bernhard Clasen

Präsident Poroschenko hat schon viel angekündigt, vorbei ist der Krieg in der Ukraine nicht. Seine Aussagen sind ambivalent. Frieden bringen sie nicht.

Besser als ein heißer Konflikt ist ein eingefrorener Konflikt – Marineoffiziere in Kiew. Bild: reuters

P jotr Poroschenko hat einen Waffenstillstand angekündigt. Endlich, möchte man meinen. Doch die Begleitumstände und die jüngsten Handlungen von Poroschenko zeigen, dass sich der ukrainische Präsident mehr um eine gute Berichterstattung als um ein tatsächliches Ende des Krieges bemüht.

Bereits kurz nach seiner Wahl zum Präsidenten hatte Poroschenko ein Ende des Krieges innerhalb einer Woche versprochen. Außerdem, so hatte er angekündigt, wolle er nach Donezk reisen. Die Woche ist vorbei, der Krieg nicht. Mehrere hundert Menschen haben allein in der letzten Woche in der Ostukraine ihr Leben verloren. Und in Donezk wartet man immer noch auf den Präsidenten.

Poroschenkos angekündigter Waffenstillstand ist nur auf den ersten Blick ein einseitiger Schritt. Schließlich ist es ja nur Zweck des Waffenstillstands, den Aufständischen die Möglichkeit zu geben, die Waffen niederzulegen, den Söldnern Zeit zu geben, nach Russland zu verschwinden. Auf ein derartiges Kapitulationsangebot werden sich die Aufständischen im Osten der Ukraine kaum einlassen.

Besser als ein angekündigter Waffenstillstand ist ein Waffenstillstand, der bereits in Kraft getreten ist. Besser als ein heißer Konflikt ist ein eingefrorener Konflikt. In Transnistrien haben sich die lokalen Machthaber, Russland und die Republik Moldau geeinigt, dass sie sich nicht einigen können. Für weite Teile der Ostukraine wäre eine derartige Einigung nach dem Vorbild Transnistriens das Beste, was im Moment zu haben ist.

Ein Poroschenko, der immer häufiger die hässlichen Wörter von „Säuberung“ und „Liquidierung“ in seinen Reden gebraucht, der aber am Tag der Ankündigung eines Waffenstillstands auch den Ring um die Stadt Slawjansk verstärken will, kann seinem Land keinen Frieden bringen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Bernhard Clasen
Journalist
Jahrgang 1957 Ukraine-Korrespondent von taz und nd. 1980-1986 Russisch-Studium an der Universität Heidelberg. Gute Ukrainisch-Kenntnisse. Schreibt seit 1993 für die taz.
Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Der bedeutende Unterschied zw Transnistrien u der OU ist aber, dass letztere direkt an RUS grenzt, u sobald entlang der Waffenstillstandslinien der Konflikt eingefroren wird, die "DVR" alias der Kreml sich dort schnell fest etablieren und eilends nach dem Muster der Krim eingemeindet werden kann, RUS wird dann unverhüllt Stützpunkte einrichten, freilich wird das kein westl Staat anerkennen, aber wie das so mit russ. Eroberungen ist, wer könnte sie ihnen je wieder abjagen? Vllcht, ach! auf jeden Fall, spielt Russland auch noch eine Weile mit dem Faustpfand OU und wartet wie sich die Dinge in Kiew entwickeln, Barroso bietet Moskau schon mal an, mit am Verhandlungstisch über das EU- Assoziationsabkommen zu sitzen, und wer weiß was Putin noch alles fordert, wenn die andere Seite schon mal anfängt Konzessionen zu machen. Wer mit dem Teufel isst braucht einen langen Löffel. Vllcht wäre es für den Frieden der Bewohner und ihr Leib und Leben besser, wenn Kiew einfach Donetzk u Lugansk freiwillig an RUS abtritt. Doch wie sicher ist dieser Frieden? Will Moskau dann noch mehr? Was sagen die restl Ukrainer zu der Perspektive, dass ihre Regierg sie gg vllcht demnächst in ihrer Region auftauchende grüne Männchen nicht schützen kann und sie lieber schnellstens an RUS abgiebt? Wie sicher ist dann das Überleben der jetzigen Regierung? Was sagen die Bewohner der OU, die vllcht gar nicht nach RUS wollen, aber v ihrer Regierung im Stich gelassen werden?

    • @ingrid werner:

      Vllcht aber lässt sich Poroschenko ja auch noch auf ein Angebot Moskaus ein, ins Zarenreich, alias die Eurasische Union zurückzukehren, womit der "innerukrain. Konflikt" mglw von einem Tag auf den anderen verschwindet als hätte es ihn nie gegeben, und die Pistoleros mit den Georgsbändchen werden abschließend noch die besetzten Gebäude besenrein und mit Schönheitsreparaturen versehen an den Eigner übergeben. Was wird der Maidan wohl dazu sagen? Vllcht wird der dann auch eingefroren und wartet auf andere Generationen und Zeiten.

  • Ein guter Kommentar!

     

    Kein sehr guter, aber ein guter...... Der Mensch freut sich heute ja schon über Kleinigkeiten.