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Kommentar Waffenruhe in der UkraineKrieg an der Propagandafront

Kommentar von Barbara Oertel

Erhebliche Zweifel sind angebracht, ob die Feuerpause wenigstens soweit hält, um die Chancen auf einen Friedensschluss zu wahren.

Zerstörter Panzer am Stadtrand von Mariupol in der Ostukraine Bild: reuters

G etötete Zivilisten, Schießereien im Donbass und Explosionen am Flughafen von Donezk: Zwar ist es noch zu früh, das Minsker Protokoll zwischen der Kiewer Regierung und den prorussischen Kämpfern vom vergangenen Freitag als komplett hinfällig zu bezeichnen. Dennoch sind erhebliche Zweifel angebracht, ob die Feuerpause wenigstens insoweit hält, um die Chancen auf einen Friedensschluss zu wahren.

So wie immer in diesem Krieg, der nicht nur im Osten der Ukraine, sondern auch an der Propagandafront ausgefochten wird, bezichtigen sich die Konfliktparteien gegenseitig, die Vereinbarung gebrochen zu haben. Doch wer auch immer dafür verantwortlich zeichnet – es liegt die Vermutung nahe, dass es auf beiden Seiten Kampfeinheiten gibt, die in Eigenregie unterwegs sind. Und denen ist es herzlich egal, worauf sich Unterhändler des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko und der Rebellen einigen. Das wiederum würde die Behauptung des Kreml stützen, mit den prorussischen Kämpfern nichts zu tun zu haben und ergo auch keinen Einfluss auf sie ausüben zu können.

Zum jetzigen Zeitpunkt können sich die Rebellen als Sieger betrachten. Denn das in der Minsker Vereinbarung erwähnte Gesetz über einen Sonderstatus für den Donbass könnte auf ein quasi staatliches Gebilde ähnlich wie das von der Republik Moldau abtrünnige Transnistrien hinauslaufen. Dort könnten die Rebellen dann schalten und walten, wie sie wollen.

Entgegenkommen dürfte ihnen auch, dass diejenigen, die sich schwerer Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht haben, straffrei ausgehen sollen. Das ist ein Schlag gegen alle, die auch durch die ukrainische Armee Opfer von Folter, Entführung und willkürlichem Beschuss geworden sind. Und es dürfte den Weg zum Frieden alles andere als befördern.

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Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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6 Kommentare

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  • DAs habe ich mich auch schon gefragt, wo die zwei restlichen Punkte abgeblieben sind. Vielleicht, da strittig, kurzfristig beim endgültigen Text weggelassen?

    Wenn ich den Link in Ihrem Post anklicke, warnt mich mein Browser, aber hier haben wir das Protokoll ebenfalls:

    http://www.osce.org/home/123257

  • Die Frage ist eine Andere, wenn man sich dieses Protocol of the Trilateral Contact Group - Minsk, September 5, 2014 | http://unurl.org/2U9o | ansieht:

     

    Punkt 10: Remove unlawful military formations, military hardware, as well as militants and mercenaries from the territory of Ukraine.

     

    Die Frage ist: was sind "unlawfull military formations". Fallen da die "Nationalgarde", die "punitive batallions", die Banden von Oligarchen wie Kolomoisky auch drunter?

     

    Hatten wir diesen Streit nicht schon mal im Frühjahr?

     

    Und wieso wurde von einem 14-Punkte-Plan geredet, wenn dieses Protokoll nur 12 Punkte enthällt?

  • "Zum jetzigen Zeitpunkt können sich die Rebellen als Sieger betrachten."

     

    Ja, ja, man liest die Schreie der Begeisterung in den ukrainischen Medien darüber, dass die Nato-Staaten moderne Präzisionswaffen an die Ukraine liefern wollen.

     

    Gut ausgerüstet mit den modernsten Waffen aus dem Westen wird die Armee die "Sieger des jetzigen Zeitpunktes" natürlich vernichten.

     

    Und vielleicht, wie es auf dem ukrainischen Panzer geschrieben steht, oben auf dem Bild zu diesem Kommentar, Moskau einnehmen.

  • Die Verbrechen der faschistischen Verbände will der Reporter natürlich nicht sehen - es ist immer die Volksmiliz schuld an allem Übel. Typisch einseitige Berichterstattung der taz, wie auch bei vielen anderen Themen. Das Alternative, Fortschrittliche scheint irgendwie weg. Man wird immer mehr Regierungskonform - liegt es an einer Frau Pohl? Oder an der Korrumption durch den normalen Kapitalismus? Man will doch Geld verdienen - sind wahre Informationen da noch so wichtig?

    • @antares56:

      Hä?

       

      Sie schreibt doch:

      "Das ist ein Schlag gegen alle, die auch durch die ukrainische Armee Opfer von Folter, Entführung und willkürlichem Beschuss geworden sind."

      AUCH DURCH DIE UKRAINISCHE ARMEE !!!

       

      Ich schätze eher, dass die Ukraine gerade deswegen zugestimmt hat, weil das auch bedeutet, dass weder die Schüsse auf dem Maidan noch die Verbrennung der Menschen in Odessa untersucht werden werden.

      • @Age Krüger:

        Na ja, laut dem Originaltext der Vereinbarung, Punkt 6 (http://www.osce.org/home/123257), sollen nur die Untaten nicht weiter untersucht und verfolgt werden, die in den Gebieten Donezk und Lugansk begangen wurden. Maidan und Odessa fallen somit nicht darunter. Aber da kümmert sich schon die Kiewer Junta darum, daß da nichts weiter untersucht wird. :-(