Kommentar Waffenruhe in der Ukraine: OSZE an die Front
Die Beobachtermission muss aufgestockt werden: Erst wenn an jedem Geschütz zwei OSZE-Beobachter stehen, wird ein Waffenstillstand umgesetzt
E s gehört wohl zur Tragik von Friedensverhandlungen, dass sie oft von einer Eskalation der Gewalt an der Front begleitet werden. Jede Seite will im letzten Augenblick Geländegewinne erzielen, auf jeder Seite finden sich Kräfte, die einen Frieden torpedieren wollen.
Auch in der Ostukraine spielt eine Eskalation einigen Akteuren in die Hände. Die Aufständischen wollen keine Annäherung an Kiew. Erneut aufgeflammte Kämpfe zementieren ein lieb gewordenes Feindbild.
Militärisch scheinen die jüngsten Kämpfe Kiew zu nützen. Die Aufständischen beklagen seit einigen Tagen Gebietsverluste und eine Verdoppelung der Verletzten. Kiew habe die Entwaffnung der Freiwilligenverbände genutzt, um zusätzlich Angriffe gegen die Aufständischen zu fahren, vermutet man in Donezk.
Doch es gibt auch eine gute Nachricht: In Lugansk ist die Lage weitgehend entspannt. Dass das so ist, liegt auch daran, dass sich in Lugansk Militärs beider Seiten besser miteinander verständigen können als in Donezk.
Nun werden sowohl von Kiew als auch von Moskau Friedenstruppen ins Spiel gebracht. Diese Idee ist schon allein deswegen untauglich, weil die Vorstellungen von Kiew und Moskau über Friedenstruppen diametral entgegengesetzt sind. Während sich Kiew Friedenstruppen ohne russische Beteiligung und notfalls nur mit einem Mandat der EU ausgestattet wünscht, gibt es in Moskau Überlegungen, eigene Blauhelme in die Ostukraine zu entsenden. Beides würde die Lage vor Ort und die Konfrontation des Westens mit Russland weiter eskalieren.
Die Konfliktparteien und die internationalen Vermittler sollten auf Bewährtes setzen. Das ist die OSZE, die das Mandat aller Seiten hat. Deren Beobachter- und Vermittlermission muss aufgestockt werden. Erst wenn an jedem Geschütz zwei OSZE-Beobachter stehen, wird ein Waffenstillstand umgesetzt werden.
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