Kommentar Verunglimpfung der Fahne: Stillgestanden!
Spätestens seit der WM 2006 ist die Fahne als harmlos-unverkrampfter Gute-Laune-Wimpel unterwegs. Jetzt zeigt Schwarz-Rot-Gold ganz andere Seiten.
V erunglimpfung. Jawohl, Verunglimpfung. Ein Wort, das man sich immer wieder auf der Zunge zergehen lassen möchte, so lustig klingt es. Dabei vergessen wir allzu schnell, dass dieser drollige Begriff eine strafbare Tat bezeichnet. Daran ist nun von einem Gericht in Berlin ein 38-jähriger Mann erinnert und zu einer Geldstrafe von 2.500 Euro verurteilt worden – wegen „Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole“ nach Paragraf 90a des Strafgesetzbuchs.
Der Programmierer mit nachweislich linker Gesinnung hatte in seinem Büro eine angeblich gefundene Deutschlandfahne „mit abgetrenntem Goldstreifen“ aufgehängt und Bilder davon unter dem Hashtag #CutTheGold in sozialen Netzwerken verbreitet, „um ein Zeichen zu setzen“. In der Anklage hieß es, der Delinquent habe damit seine „Verachtung für die mit der Flagge symbolisierte staatliche Ordnung zum Ausdruck gebracht“.
Logisch. Im nächsten Schritt müsste der anonyme Facebook-Nutzer aus Süddeutschland ermittelt werden, der Anzeige erstattet hatte – um ihm einen Orden für Patriotismus und Zivilcourage zu verleihen. Immerhin, so die Richterin in ihrer Urteilsbegründung, gehe die Flagge auf das Hambacher Fest zurück und stehe für Freiheitlichkeit und Demokratie. Das Gold hätten erst die Nationalsozialisten abgeschafft. Die Geschichte zeigt, wohin das führte.
Zwar ist uns Schwarz-Rot-Gold (Obacht! Wir denken bei „Gelb“ besser an Edelmetall als an Urin oder Wundsekret, sonst setzt’s umgehend eine Anzeige!) spätestens mit der Fußball-WM 2006 als harmlos-unverkrampfter Gute-Laune-Wimpel vorgestellt worden, den man sich zu volksgemeinschaftlichen Jubelzwecken ins Gesicht malen oder über den Rückspiegel stülpen kann.
Dieses angeblich heitere Stück Stoff kann, wie das Urteil zeigt, aber auch anders. Es fordert Ehrfurcht und Achtung ein, demnächst vielleicht sogar ein „Stillgestanden!“.
Dass es dies neuerdings mit rechtsstaatlicher Hilfe tut, sollte in Zeiten galoppierender Heimatliebe zu denken geben.
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