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Kommentar Verlorene Ehe-für-alle-KlageGrünes Showjammern

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Die Klage der Grünen ist gescheitert – der Bundestag muss nicht über die „Ehe für alle“ abstimmen. Geholfen hat es der Partei dennoch.

Das Urteil enttäuscht – sicherlich auch Göring-Eckardt und Özdemir Foto: imago/IPON

I m Bundestag gibt es eine eindeutige Mehrheit für die Gleichstellung von Schwulen und Lesben im Eherecht. SPD, Linke, Grüne und einige CDUler sind für die „Ehe für alle“. Leider ist die SPD Teil der Großen Koalition – und muss auf ihren Regierungspartner, die CDU/CSU, Rücksicht nehmen.

Diese Konstellation führte dazu, dass über entsprechende Oppositionsanträge zur „Ehe für alle“ seit vier Jahren gar nicht abgestimmt wurde. Vertagung folgte auf Vertagung. Das wirkte nicht nur ziemlich provokativ. Es war auch politisch unnötig.

Es wäre ja nicht das erste Mal, dass die SPD in der Koalition mit Rücksicht auf den Regierungspartner etwas ablehnt, das sie eigentlich gut findet. So ist das nun mal in der Politik. Die Wähler verstehen das. SPD-Wähler sowieso.

Die Koalition hat damit den Grünen eine Vorlage dafür gegeben, noch mal öffentlich die Arroganz der Mehrheit zu kritisieren. Dass die Oppositionsanträge dutzendfach vertagt wurden, brachte ihnen mehr Öffentlichkeit, als wenn die Mehrheit sie schnell vom Tisch gewischt hätte. Auch wenn die Grünen mit ihrer Klage beim Bundesverfassungsgericht nun verloren haben – ihre Position konnten sie durch lautes Showjammern dennoch deutlich machen.

Auch juristisch war die Klage nicht abwegig. Wer einen Gesetzentwurf einbringt, sollte einen Anspruch haben, dass darüber spätestens am Ende der Wahlperiode abgestimmt wird. So jedenfalls stellt sich der Bürger parlamentarische Arbeit vor. Die Richter sahen das nun nicht so streng. Es genüge, dass es mehrere Beratungen, eine Anhörung und eine aktuelle Stunde gegeben habe

Für die Darstellung der Positionen in der Öffentlichkeit mag das tatsächlich ausreichend sein. Sein hohes Ansehen genießt das Parlament aber daher, dass es auch ein Entscheidungsorgan ist – das höchste im demokratischen Staat. Diesen Nimbus haben die Richter mit ihrer Entscheidung nun nicht gerade gestärkt.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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11 Kommentare

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  • "...Kein Liebespaar wird mehr geschaßt, zu lebenslangem Eheknast..." textete mal der olle Biermann, das Wölfchen, in einem recht hoffnungsfrohen Entwurf für eine bessere, menschlichere, eine sozialistische Welt. Damals ging es ums Überwinden spießbürgerlicher einengender Strukturen.

    Und heute?: "Ehe für Alle!" tönen nun auch die Grünen. Oh Tempera Kokolores!

  • Man darf Gerichte nicht für populistische Stunts missbrauchen. Ich bin von den Grünen hier sehr enttäuscht. Ich dachte sie seien besser als die anderen.

  • Der Parlamentarische Geschäftsführer Grosse-Brömer (CDU): "Eine größere Ohrfeige verfassungsrechtlicher Art kann man sich in Karlsruhe gar nicht abholen."

     

    Die Häme von steuerfinanzierten Volksvertretern, die ihre Parteitaktik auf dem Lebensglück von Bürgern austragen, ist unagebracht. Ein größere Ohrfeige satzungsmissbräuchlicher Art könnten sie der Demokratie gar nicht verpassen.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    "So ist das nun mal in der Politik. Die Wähler verstehen das. SPD-Wähler sowieso."

     

    Wie sieht der typische "SPD-Wähler" aus? Gibt es da ein Profil?

    • @571 (Profil gelöscht):

      Die Aussage "SPD-Wähler" ist in diesem Fall Profil genug. Wer ein echtes Problem mit politischer Kompromissbereitschaft hat, dürfte auch eines mit der Stimmabgabe für die SPD haben, da auch diese an sich ein Kompromiss (halt kapitalistische "Genossen") ist und auch darüber hinaus ständig solche eingeht.

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @Normalo:

        Richtig.

        Kompromisse gehen wir ein Stück weit bei jeder Wahl mit jeder Stimme ein und sind uns dessen schmerzhaft bewusst.

        Ist es unsere charakterliche Ähnlichkeit mit den Kandidaten, die uns ein nicht gerade schmeichelhaftes Spiegelbild hinhält?

        • @571 (Profil gelöscht):

          Für mich ist Kompromissbereitschaft kein schmerzhaftes, unschmeichelhaftes Spiegelbild sondern ein Zeichen von sozialer Kompetenz. Wer keine Kompromisse eingehen kann, kann auch nicht mit anderen Menschen zusammenleben (ohne sie zu unterdrücken).

           

          Gleiches gilt in der Politik: Wer meint, nur seine stur durchgezogene Linie brächte positive Ergebnisse, sollte es als Diktator versuchen. Als Demokrat ist er untauglich.

           

          Insofern tun Sie mir leid, wenn Sie ob der Diagnose "kompromissbereit" schamvoll erröten...

          • @Normalo:

            Gernerell gebe ich Ihnen in Bezug der Bedeutung von 'Kompromissbereitschaft' ja recht. Allerdings wird der Begriff 'Kompromiss' halt schon arg strapaziert, wenn er als Synomym für mangelnde eigene Standpunkte, knieweiche Standfestigkeit und fehlende Durchsetzungsbereitschaft benützt wird.

            Wer in vorauseilendem Anbiederungsbedürfnis seine Grundsätze über Bord wirft, der hat dann halt keine mehr wenns ans Verhandeln geht. - Empfehle ein Vierteljahr Fortbildung auf dem nächsten türkischen Basar!

  • 3G
    32795 (Profil gelöscht)

    Die Grünen brauchen da garnicht zu jammern, ständig blockieren sie selbst im Bundesrat Dinge für die es eigentlich eine Mehrheit gäbe. Irgendwie müssen die Grünen aber wohl der Meinung sein, was ihnen selbst "zusteht", das darf die CDU noch lange nicht.

     

    Und Nein, es darf keinen Anspruch auf Abstimmung geben. Wir werden wohl ab Herbst eine AfD-Fraktion im Bundestag haben. Diese könnte dann eigene Gesetzentwürfe zu den jeweils aktuellen Aufreger-Themen einbringen. Man stelle sich entsprechende Initiativen der AfD zB während der Eurokrise vor. Der Euro wäre wohl futsch und die EU mit ihm wenn die AfD die Möglichkeit gehabt hätte die Abgeordneten dazu zu zwingen sich frühzeitig festzulegen. Ein derart diruptives Instrument bleibt lieber im Giftschrank.

  • Guter Kommentar mit leider schlecht gewähltem Titel.