Kommentar Verfahren gegen Edathy: Hausgemachter Imageschaden
Die SPD hat sich gegen einen Ausschluss entschieden. So oder so ist Edathy weg vom Fenster. Seine Akte allein ist aber nicht das Problem.
D auerhaft werden sie ihn nicht los: Sebastian Edathy muss seine SPD-Mitgliedschaft zwar drei Jahre ruhen lassen. Mit dem Versuch, ihn wegen parteischädigendem Verhalten ganz auszuschließen, ist der SPD-Vorstand aber gescheitert.
Eine Niederlage für das Willy-Brandt-Haus – die den Sozialdemokraten trotzdem keine schlaflosen Nächte bescheren sollte. Denn mal ehrlich: Edathy ist weg vom Fenster. Zugang zur Öffentlichkeit hat er kaum noch, und damit auch nicht die Möglichkeit, seiner Partei weiter zu schaden. Muss er auch nicht: Das macht die Partei schon selbst.
Der Imageschaden für die SPD besteht schließlich nicht darin, dass er verdächtigt wurde, Kinderpornos zu konsumieren. Die Akte Edathy wäre als Einzelfall durchgegangen, der ehemalige Abgeordnete längst vergessen – stünde gegen seine Parteifreunde nicht der Vorwurf der Strafvereitelung im Raum. Dass der SPD-Abgeordnete Michael Hartmann seinen damaligen Kollegen Edathy vor drohenden Ermittlungen warnte, wurde durch Aussagen im Untersuchungsausschuss fast schon bewiesen. Dass der Auftrag dazu aus der Fraktionsspitze kam, ist zumindest nicht widerlegt. Und was unternimmt die SPD, um die Vorwürfe auszuräumen?
Hartmann selbst verweigert die Aussage und ist vorerst abgetaucht. Seinen Anwalt bezahlte die Fraktion. Sie hält ihm auch den Weg zurück in den Bundestag offen. Und zahlreiche SPD-Mitglieder, die als Zeugen zur Aufklärung beitragen könnten, präsentieren nur Erinnerungslücken.
Mitte Juni könnten die Sozialdemokraten umsteuern: Die Parteispitze selbst wird im Ausschuss aussagen, und wenn sie mehr Aufklärungswillen zeigt als die bisherigen Zeugen, könnte die SPD in der Affäre doch noch die Kurve bekommen. Falls nicht, spielt Edathys Parteibuch erst recht keine Rolle.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen