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Kommentar Urteil zu WaffenexportenEine Niederlage für die Demokratie

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Die Regierung darf Rüstungsdeals geheim halten. Der Bundestag kann nur noch hinterhermeckern. Welch ein restriktives Demokratieverständnis.

Müssen die Parlamentarier früher als bisher von Rüstungsexporten erfahren? Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: nein. Bild: dpa

E s ist eine klare Niederlage für Demokratie und Öffentlichkeit. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom Dienstag die Auskunftsansprüche über Rüstungsexporte erweitert, die grünen Kläger haben aber nur dort gewonnen, wo die Bundesregierung schon von selbst nachgegeben hatte – weil sie offensichtlich auf aussichtslosem Posten stand.

Beim entscheidenden Punkt hat Karlsruhe sich ganz auf die Seite der Bundesregierung geschlagen. Im Vorfeld einer Exportgenehmigung muss sie keinerlei Auskunft geben. Es spielte für die Richter auch keine Rolle, dass der Bundessicherheitsrat schon Jahre vor der endgültigen Genehmigung grünes Licht gibt und davon auch wohl noch nie abgerückt ist. Selbst anrüchigste Geschäfte können damit weiter geheim gehalten werden, bis alles zu spät ist.

Karlsruhe offenbart damit ein äußerst restriktives Demokratieverständnis. Abgeordnete sollen auf keinen Fall die Öffentlichkeit aufrütteln, solange dies noch etwas bewirken könnte. Denn dann würden sie „mitregieren“ und das verstoße gegen die Gewaltenteilung.

Die Parlamentarier dürfen also lediglich den getroffenen Entscheidungen hinterhermeckern. Der Bundestag könnte sich nicht einmal per Gesetz ein Mitbestimmungsrecht über Rüstungsexporte sichern, so die traurige Konsequenz des Urteils.

Dass das Grundgesetz die Entscheidung über Rüstungsexporte ausdrücklich der Bundesregierung zuweist, ist kein guter Grund für dieses Ergebnis. Denn damit sollte offensichtlich sichergestellt werden, dass nicht irgendeine Behörde entscheidet, sondern die parlamentarisch kontrollierte Bundesregierung. Daraus ein Recht der Regierung auf Geheimhaltung und Intransparenz abzuleiten, stellt den Kontrollgedanken völlig auf den Kopf.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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9 Kommentare

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  • Hola die tazler -

    höcherlts mal wieder unterm Arm?

    anyway 3.0

     

    Ja - Herr Rath -

    den - kann frauman nehmen -

     

    Das - also ist des Pudels Kern -

    wenn sich das Bundesverfassungsgericht

    regelmäßig zum Kaffeeklatsch

    trifft -

    mit der Regierung -

     

    (ausdrücklich und nur mit dieser -

    ausdrücklich unter Ausschluß von Vertretern der Opposition -

    ein Unding -

    & z.B. ein in Usa sicherlich undenkbarer Vorgang -)

     

    und so ist das Ergebnis auch nicht von einem modernen checks and balances-Denken "angekränkelt" -

     

    sondern - nein - wie hervorgehoben -

    stellt Karlsruhe

    rückwärtsgewandt auf ein

    antiquiertes reines Gewaltenteilungsdenken ab.-

     

    Peter Häberle -Freiburger Schule -

    hat dereinst als taufrischer

    Prof in Marburg -

     

    nach den Kampagnen

    No No Notstands No -

     

    zu der die Notstandsgesetze

    weitgehend absegnenden Entscheidung aus Karlsruhe -

    in seiner Besprechung (JZ?) insinuiert -

     

    (die CarlSchmitt-Fronde mit Schaum vorm Mund)

     

    ob es sich dabei nicht um einen -

    systematisch eigentlich nicht vorgesehenen Fall -

    (wer überwacht die Wächter?)

     

    einer verfassungswidrigen Verfassungsrechtsprechung handle.

     

    Diese Auffassung liegt auch hier

    angesichts der eindeutigen Verfassungsartikel gegen eine kriegerischer Involvierung ´schlands mehr als nahe.

     

    Und zu recht verweist Christian Rath darauf -

    daß eine Zuweisung an die Regierung

    einer derart heiklen, kriegsinvolvierungsnahen Materie

    doch geradezu nach einer parlamentarischen Kontrolle -

    nunja ruft;

     

    ergo -

    umgekehrt wird also ein Schuh draus;

    Parlamentarische Kontrolle muß im Vorfeld effektiviert werden -

    wenn alle Eulen verflogen sind -

    kommt sie verfassungswidrig zu spät..

  • Das Urteil ist ein klares Fehlurteil, weil es sich auf formale Bestimmungen des 2. Teils im GG gründet und die grundlegenden Aussagen des 1. Teils und des Art.20 nicht angemessen, bzw. gar nicht berücksichtigt. Aus Art 1. Abs. 2, (dem Bekenntnis zum Frieden in der Welt) ergibt sich, dass Waffenexporte eben kein "normaler" Politikbereich sind, der rein demokratiemechanistisch betrachtet werden kann. Zusammen mit Art.20 (einem der grundsätzlichsten Artikel des GG am Beginn des 2. Teils), in dem festgelegt wird, das "alle Staatsgewalt vom Volke" ausgehe, ergibt sich eine andere Gewichtung, als die aktuelle der Verfassungsrichter. Denn dies "vom Volke ausgehen" kann bei derart wichtigen Entscheidungen nicht auf das Wählen alle fünf Jahre reduziert werden, zumal ja die Regierung bzw. Regierungschefin gar nicht direkt vom Volk gewählt wird. Da muss mehr Einfluss des Volkes stattfinden und dieser ist nur über die gewählten Repräsentanten (d.h. den Bundestag) zu erreichen, wenn nicht so "irre" Maßnahmen ergriffen werden sollen, wie Kontrollmöglichkeiten/Informationsrechte sowieso für jeden Bürger.

  • 7G
    7964 (Profil gelöscht)

    Hier wird deutlich, dass die Problematik inzwischen eine andere Dimension bekommen hat. Aus den Erfahrungen der Weltkriege wurde "Nie wieder Krieg von deutschem Boden!" - Das hat sich spätestens mit dem Jugoslawien-Krieg überholt und wird nun zu einem "Krieg um jeden Preis, für jeden Preis, (auch für den Friedens-Nobel-Preis) zu jedem Preis."

    Obwohl - je nach Auftraggeber der Umfrage - etwa 80% der Bevölkerung gegen Waffenexporte sind, werden Alternativen nicht einmal gedacht.

     

    Liegt es daran, dass zu viele Re-Gierende nach oben gelobt wurden? (Anders wird man in einem Beamtenstaat penetrante Dummschwätzer nicht los.)

  • Der "Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung" ist doch in Wirklichkeit der "Lobby-Drehtürbereich". Waffenhersteller und Militärs machen Außenpolitik. Das Urteil des BVG ist ignorant.

    • @Ulrich Frank:

      "Das Urteil des BVG ist ignorant."

       

      Das Bundesverfassungsgericht wird BVerfG abgekürzt, mit der "Berliner Verkehrsgesellschaft" hat das nichts zu tun.

      • @Heinrich Ebbers:

        Vielen Dank für den wichtigen Hinweis, Heinrich. Ohne Dich hätte sonst keiner verstanden, was der Ulrich mit "BVG" meint.

  • Warum will die Regierung das überhaupt geheimhalten? Die haben doch immer so plausible Argumente und haben auch alle Probleme im Zusammenhang mit Waffenexporten voll im Griff.

  • Soviel zum Thema "Demokratie" in der "besten aller Welten".

  • TAZ:"Eine Niederlage für die Demokratie

    Die Regierung darf Rüstungsdeals geheim halten. Der Bundestag kann nur noch hinterhermeckern. Welch ein restriktives Demokratieverständnis. "

     

    Richtig! Warum sprechen Richter solches "Recht"?

    Deshalb, anfangen müssen wir beim "Besetzen" der Gerichte. Ein Richterwahlausschuss mag formal demokratisch sein, aber reicht das? Ich meine nein.