Kommentar Umbruch in Spanien: Ohne Podemos geht nichts
Die spanischen Wählerinnen bestrafen die Austeritätspolitik von Sozialisten und Konservativen. Die beiden Parteien sind längst nicht am Tiefpunkt angelangt.
U nd wieder beginnt alles mit Gemeinderatswahlen. 1931 dankte nach einem kommunalen Urnengang König Alfonso XIII. ab, Spanien wurde zur Republik. 2011 gingen die Empörten auf die Straße und veränderten die politische Kultur tiefgreifend. Am Sonntag änderte jetzt das, was vor vier Jahren begann, Spaniens politische Landschaft endgültig.
Die flächendeckend mit absoluter Mehrheit regierende Partido Popular (PP) von Ministerpräsident Mariano Rajoy verliert alle wichtigen Gemeinden und die wichtigsten Regionalregierungen im Lande. Die Bürgerlisten, die von der neuen Anti-Austeritätspartei Podemos ins Leben gerufen wurden, werden künftig das Bürgermeisteramt in Barcelona, Madrid und mindestens fünf weiteren Großstädten besetzen. Auf regionaler Ebene geht nichts ohne Podemos.
Podemos-Sprecher beschwören mit Blick auf die Parlamentswahlen im Herbst den „Wandel“, der im vollen Gange sei. Noch liegt ein langer Weg vor der Formation des jungen Politikprofessors Iglesias. Doch wenn die Partei die entscheidende Rolle zu nutzen weiß, könnte sie im Herbst weitere Wähler anziehen und gewinnen.
Die beiden großen Parteien sind längst nicht am Tiefpunkt angelangt. Ministerpräsident Rajoy steht seit Sonntag mit beiden Beinen auf der Straße. Und der Führer der Sozialisten Pedro Sánchez ist bei weitem nicht so bekannt wie Pablo Iglesias.
Anders als in den Regionen, Städten und Gemeinden waren die Sozialisten nicht bis zu 20 Jahren in der Opposition. Sie regierten Spanien bis vor vier Jahren. Bei Parlamentswahlen wird die katastrophale Sparpolitik eine Rolle spielen, und die begann unter den Sozialisten. Sie kürzten Sozialleistungen, Beamtengehälter und gaben den Schuldenzahlung Vorrang vor Sozialausgaben. In nur einer Legislation vergessen das die Wähler nicht.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott