Kommentar Ukrainische Sanktionen: Kiew liegt daneben
Kaum hagelt es Kritik aus dem Westen, macht Staatschef Petro Poroschenko bei seiner Sanktionsliste einen Rückzieher. Gut so.
I mmerhin: Auf Druck reagiert Kiew noch. Da erweitert die Regierung ihre Sanktionsliste gegen Russland und belegt auch sechs ausländische Journalisten mit einem Einreiseverbot. Kaum hagelt es Kritik aus dem Westen, macht Staatschef Petro Poroschenko einen Rückzieher.
Anlass für diese absurde Aktion ist offiziell die Ankündigung der selbst ernannten Separatistenchefs in Donezk und Luhansk, die von Kiew für den 25. Oktober angesetzten landesweiten Kommunalwahlen zu ignorieren und ihr Volk an anderen Tagen an die Urnen zu zitieren.
Dass derartige Alleingänge für die Umsetzung des Minsker Friedensabkommens vom vergangenen Februar (Minsk II) nicht gerade förderlich sind und in Kiew auf Ablehnung stoßen müssen, steht außer Frage. Aber sich deshalb an Journalisten abarbeiten?
Doch das hat bei Staatspräsident Petro Poroschenko und seiner Truppe Methode. Sie sind im Umgang mit vermeintlich missliebigen Medienmachern und Kulturschaffenden nicht zimperlich. Vor einigen Monaten wurden bestimmte russische Bücher und Filme, die ein „positives Bild russischer Staatsorgane“ verbreiten, in der Ukraine verboten. Dann setzte Kiew russische Sänger und Schauspieler auf eine schwarze Liste, da sie angeblich die nationale Sicherheit der Ukraine gefährdeten.
Seit Kurzem befindet sich der Chefredakteur der regierungskritischen Tageszeitung Vesti wegen Steuerbetrugs in Haft. Das Blatt, dessen Verteiler bisweilen von Mitgliedern des rechtsradikalen „Rechten Sektors“ zusammengeschlagen werden, gibt es jetzt nur noch unter dem Ladentisch.
Das alles wirft kein gutes Licht auf die Regierung. Im Gegenteil. Indem er offensichtlich meint, so fundamentale Rechte wie Presse-, Meinungs- und Kunstfreiheit nach Belieben außer Kraft setzen zu können, ist Poroschenko auf dem besten Weg, sich und seine Regierung immer weiter zu diskreditieren. Europäische Werte, war da was? Von wegen!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Bisheriger Ost-Beauftragter
Marco Wanderwitz zieht sich aus Politik zurück