Kommentar Ukraine: Was alles möglich ist!
Die Opposition auf der Straße hat Riesenerfolge zu verzeichnen. Jetzt muss sie den Druck aufrecht erhalten – alles andere wäre Verrat.
I m ukrainischen Machtpoker ist eine weitere Runde an die Opposition gegangen. Das gilt nicht so sehr für den Rücktritt des blassen und unbeliebten Ministerpräsidenten Mykola Asarow, der sich in den vergangenen Wochen vor allem durch die Verunglimpfung von Demonstranten jedweder Couleur hervorgetan hat.
Nein, es ist ist vor allem die Rücknahme des unlängst verschärften Demonstrationsrechts, die die Opposition für sich als Erfolg verbuchen kann.
Dabei kann man nur mußmaßen, ob diese Parlamentsentscheidung von oben, sprich der Präsidialverwaltung, dekretiert wurde oder nur ein weiteres Indiz dafür ist, dass der Rückhalt für Präsident Wiktor Janukowitsch und sein Kabinett in den Reihen ihrer regierenden Partei der Regionen immer geringer wird.
Doch wie dem auch sei: Es ist schon erstaunlich, was in der Ukraine und damit im Gegensatz zu Ländern wie Russland oder Weißrussland, unter dem Druck der Straße mittlerweile so alles möglich ist.
Amnestie, Rücktritt, Wahlen
Dennoch darf sich die Opposition mit den jüngsten Zugeständnissen der Staatsmacht keinesfalls zufriedengeben. Das heißt, den Druck aufrechterhalten und mit friedlichen Mitteln auf der Erfüllung bisher unerfüllter Forderungen bestehen: eine Amnestie für inhaftierte Regierungsgeger, der Rücktritt von Staatspräsident Janukowitsch sowie schnellst mögliche vorgezogene Wahlen.
Alles andere wäre Verrat – nicht zuletzt an der Protestbewegung. Denn die dürfte dadurch kaum von der Straße zu bringen sein. Im Gegenteil: die Frustration, die Ziele doch nicht erreicht zu haben, könnte sich in weiterer Gewalt entladen.
Paktieren mit dem Regime hieße aber auch, die Chance auf einen wirklichen Neuanfang zu verspielen. Auch wenn es Janukowitsch noch nicht wahrhaben will: Er ist sturmreif geschossen. Daraus sollte er die Konsequenzen ziehen. Je eher desto besser.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Liberale in der „D-Day“-Krise
Marco Buschmann folgt Djir-Sarai als FDP-Generalsekretär
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?