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Kommentar Trumps MauerpläneDie dunklen Kräfte des Systems

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

US-Präsident Trump akzeptiert einen Kompromiss, der kein Geld für den Mauerbau vorsieht. Schmälert das seine Wiederwahlchancen? Nein.

Bleibt erstmal wackelig: Grenze zwischen San Diego (USA) und Tijuana (Mexiko) Foto: ap

W enn US-Präsident Donald Trump am Wochenende 100 Tage im Weißen Haus feiert, dann kann er seinen bisherigen Errungenschaften wohl eine weitere hinzufügen: Er hat es geschafft, trotz republikanischer Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses einen reinen Formalakt zur Krise werden zu lassen.

Die mögliche Zahlungsunfähigkeit der Regierung wird wohl nur abgewendet, weil Trump den von den Demokraten eingebrachten Kompromiss akzeptiert, dass es zwar Geld für Grenzsicherung, aber keines für die unsinnige Mauer zu Mexiko gibt.

Ein weiteres Mal läuft Trump gegen die Wand, sobald die Umsetzung seiner Wahlversprechen komplizierter wird. Durch den Kongress bringt er weder Gesundheitsreform noch Mauerbau. Seinen Steuerreformplänen, die er am Mittwoch vorstellen will, wird es kaum besser gehen, und den Muslim Ban haben ihm die Gerichte zerfetzt.

Tatsächlich hat es wohl noch nie einen Präsidenten gegeben, bei dem das Missverhältnis zwischen Selbstbeweihräucherung und Errungenschaften so groß war wie bei Trump nach 100 Tagen. Natürlich ist das immer noch besser, als wenn er alles hätte umsetzen können.

Auch seine offenkundige Unfähigkeit schadet Trump bei seinen Anhängern nicht

Allerdings: Auch seine offenkundige Unfähigkeit, die Instrumente der Exekutive sinnvoll einzusetzen und seine Mehrheiten im Kongress in Szene zu setzen, schadet Trump bei seinen Anhängern nicht. Die glauben immer noch, da sei jemand angetreten, der im Sinne der kleinen Leute das System zerschlagen und „den Sumpf austrocknen“ wolle. Statt die Sinnhaftigkeit von Trumps Wahlversprechen zu überdenken, führt jedes Scheitern bei ihnen dazu, ihre Abscheu vor dem politischen Apparat zu festigen.

Das könnte ein Ausblick auf die gesamte Amtszeit sein. Trump inszeniert sich weiter als tatkräftiger Präsident, der dunklen Kräften des Systems unterliegt, und der Kongress bleibt destruktiv wie eh und je. Trumps Wiederwahlchancen schmälert das nicht.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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1 Kommentar

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  • So wie alle seine Vorgänger, nimmt Trump nach der Wahl gezwungenermaßen nach und nach seine Versprechungen (und Drohungen) zurück, nur dass bei ihm alles viel schneller und spektakulärer abgeht. Am Ende wird er sich nicht sehr von seinen republikanischen Vorgängern unterscheiden.

     

    Vor allem wird ihm am Ende nichts anderes übrigbleiben, als den für ihn vorgesehenen Platz in dem „System“ einzunehmen, das er eigentlich „aufmischen und zum Teufel jagen“ wollte. Sicher wird er das zum „geschickten Schachzug“ uminterpretieren und seine Anhänger werden ihn dafür noch mehr lieben!