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Kommentar Trump-Tweet zu BarcelonaFalsch und brandgefährlich

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Er kann es nicht lassen. Schon wieder hat der US-Präsident seine kruden Ansichten getwittert. Damit spielt er rechten Gruppen und dem IS in die Hände.

Historiker sind verwundert über eine Legende, die Trump schon im Wahlkampf anführte Foto: dpa

E s hat zunächst niemand verstanden, was US-Präsident Donald Trump eigentlich meinte, als er wenige Stunden nach dem furchtbaren Anschlag von Barcelona twitterte: „Seht euch an, was der US-General Pershing mit Gefangenen Terroristen gemacht hat. Es gab 35 Jahre lang keinen radikal-islamischen Terror mehr!“

US-Journalisten haben sich auf die Suche gemacht und gefunden, worauf sich Trump bezieht, und was sie fanden, ist in mehrfacher Hinsicht erschreckend. Es ist eine Geschichte, die Trump im Wahlkampf 2016 mindestens einmal erzählte. General John Pershing habe in seiner Zeit auf den Philippinen um 1900 herum 50 islamische Terroristen gefangen genommen.

Er habe dann seinen Truppen befohlen, ihre Gewehrkugeln in Schweineblut zu tränken und habe damit 49 der Gefangenen erschießen lassen. Den einen übrigen habe er am Leben gelassen, damit er davon berichten könne. Der Erfolg: ein Vierteljahrhundert ohne Terrorismus.

Schon damals haben die Fact-Checking-Seiten versucht herauszufinden, ob die Geschichte überhaupt stimmt – sie fanden nichts, außer einigen Historikern, die sagten, sie seien verwundert, dass das immer noch herumgeistere – die Darstellung sei schon vor unendlich vielen Jahren als kompletter Unsinn entlarvt worden. Wir haben es also mit jemandem zu tun, der eine historisch widerlegte Legende benutzt, um vorzuschlagen, man solle Terror wie in Barcelona mit schweren Kriegsverbrechen vergelten.

Und dieser jemand ist nicht einfach ein rechter Internettroll, mit dessen Arbeitgeber man vielleicht einmal reden sollte über das, was sein Angestellter so in seiner Freizeit macht, sondern der Oberkommandierende der größten Militärmaschinerie der Welt.

Das macht nicht nur einfach fassungslos, es ist auch unglaublich gefährlich. Eine solche Reaktion ist der feuchte Traum eines jeden IS-Strategen – und quasi ein direkter Appell an rechte Terrorgruppen nicht nur in den USA, zukünftig nicht nur Schweineköpfe an Moscheen aufzuhängen. Es reicht. Trump muss wirklich weg.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. Bluesky: @berndpickert.bsky.social In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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24 Kommentare

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  • Übrigens ist in Israel auch vorgeschlagen worden, Selbstmordattentäter in eine Schweinehaut eingewickelt zu begraben. Dann kämen sie - nach ihrem Glauben - nicht ins Paradies. Das würde potentielle Täter abschrecken.

  • Nach einem Chicago Daily Tribune Bericht von 1927 hat Pershing (vermutliche muslimische) Gefangene mit Schweineblut bespritzen lassen - und sie dann freigelassen.

    Bereits tote Muslime hat er zusammen mit Schweinen begraben lassen. https://twitter.com/DBloom451/status/898266521570619392

     

    Auch wenn Trump da einem Mythos (im Sinn einer Übertreibung) aufgesessen ist, hat Pershing zumindest tendenziell solch abschreckende Mittel durchaus verwendet.

    Jedenfalls immer noch besser als mit Napalm oder Atombomben zu werfen.

  • „Seht euch an, was der US-General Pershing mit Gefangenen Terroristen gemacht hat. Es gab 35 Jahre lang keinen radikal-islamischen Terror mehr!“

     

    Da sollte man Trump fragen, was nach 35 Jahren dann passiert ist. Kam dann 1935 Mohammed auf die Erde und schrieb eine neue Sure in den Koran, der Infiltration mit Schweineblut bei Terrorausübung erlaubt?

  • @die Darstellung sei schon vor unendlich vielen Jahren als kompletter Unsinn entlarvt worden:

     

    "sei" gefällt mir da am meisten!

  • Als es um den Krieg in Vietnam ging, wo Mr. Trump damals selbst hätte kämpfen müssen, war er noch Kriegsgegner.

    Die altem Männer beginnen den Krieg, die jungen Männer sterben in ihm.

    Oder wie Rudyard Kippling es ausdrückte: „Wenn jemand fragt, warum wir starben, sagt ihnen, weil unsere Väter gelogen haben“

  • Was hatte eigentlich der Pershing damals auf den Phillippinen zu suchen? Wenn wir darüber mal kurz nachdenken, verstehen wir vielleicht auch die Anziehungskraft reformislamischer, oft skriptualistischter Koranauslegungen besser. Und auch wie sich in vielen Teilen der muslimisch geprägten Welt Strukturen entwickeln konnten, innerhalb derer der Begriff Dschihad so verstanden wird, wie wir das vom islamistischen Terrorismus kennen.

    • @My Sharona:

      Gut, denke ich mal kurz darüber nach. Die USA versuchten sich in Kolonialismus und eroberten von den Spaniern eine christlich geprägte Kolonie mit einer kleinen muslimischen Minderheit. Die USA entließen diese Kolonie nach nicht einmal 5 Jahrzehnten in die Unabhängigkeit. Im unabhängigen Staat bereiten muslimische Rebellen auch heute noch Probleme, entführen und masakrieren.

       

      Was sagt mir das zum Verständnis heutiger Dschihadisten? Ich tippe ehrlich gesagt darauf, dass die allermeisten Muslime diese Phillipinen-Episode in der us-amerikanischen Geschichte vor Trumps Bemerkung nicht mal kannten.

      • @rero:

        Sie müssten nicht tippen, wenn Sie etwas (oder etwas mehr als im Moment wüssten). Die Geschichte des Reformislam ist auf engste mit der Wahrnehmung des Kolonialismus durch die kolonial Unterworfenen verbunden. Es ist eine Antwort, die erhebliche Erklärungs- und Anziehungskraft innerhalb der muslimisch geprägten Welt entfaltete (eine andere ist der Weg Atatürks). Die Bemerkung sei noch erlaubt: Ihr breitbrüstiges Nichtwissen wirkt irritierend...

    • @My Sharona:

      Pershing führte dort einen kolonialen Krieg, soviel ich weiß.

  • Ihr (gerechtfetigter) Wutanfall in allen Ehren!

    Leider folgen ihm auch die Presseleute, die die Tweets multiplizieren...und schlagen dann bis zu mir auf, der gar kein Twitter App hat.

     

    Man kann sich dieser unheiligen Allianz des Grauens gar nicht mehr entziehen.

    • @Tom Farmer:

      Vielen Dank für das "gerechtfertigt"! Ich gebe Ihnen Recht. Man kann sich den Tweets von Donald Trump nicht entziehen. Und da sehe ich, ebenso, wie Sie, die Journalisten in der Verantwortung. Solange Trump etwas nur twittert, ist es am Rest der Welt, seinen Aussagen Bedeutung beizumessen. Erst, wenn der Mann handelt, wird aus einem Tweet auch etwas Greifbares.

    • 4G
      4932 (Profil gelöscht)
      @Tom Farmer:

      Ich bin sicher, daß auch die meisten Presseleute die Nase voll haben, die Twitterexzesse ganztägig verfolgen zu müssen.

      Aber auf der anderen Seite verkündet DT hiermit auch, daß er aus dem Klimaabkommen aussteigt, Venezuela und manchmal auch Nordkorea angreifen will, mit China einen Handelskrieg beginnen will oder (gottseidank) das unselige TTIP begraben hat.

      Das aber muss uns politische Bürger auf dieser Erde doch interessieren, da es uns betreffen wird und unsere Regierung ja immer noch am Hintern Amerikas klebt, obwohl die USA längst kaum mehr gemeinsame Werte mehr mit uns teilt (Todesstrafe, hemmungslose Bewaffnung, keine Klimaverantwortung, Nationalismus und Hakenkreuzfahnen, Aufrüstung und Kriegslust)

      • @4932 (Profil gelöscht):

        p.s.: Mein Beitrag war als Antwort auf Holzkopf weiter unten....

         

        @Misanthrop

        Sie sehen, denke ich zu schwarz. All diese Donge die Sie schreiben werden, vernutlich, selbst wenn sie eintreten Ihr persönliches Leben nicht wesentlich beeinflussen.

        Dass sich jeder da so reinsteigert, zumal hier in DE, ist vornehmlich emotional und nicht zwingend so bedeutsam, dass Sie ab Morgen die Basics verlieren werden: Familie... Job, Frau, Kind, Gesundheit, Freund, TAZ Kommentarfunktion... alles weg. Nein, das bleibt alles, trotz Trump :-)

         

        Ratio rein, Emos raus: Wirdscho.

  • Ich meine, hier wird einem schon beinahe zwangsläufigem Geschehen zu viel Aufmerksamkeit gewidmet.

     

    Die Menschheit ist eben nicht nur vernünftig, sondern die Welt ist ebenso angefüllt mit solchen, die jedwedes willkürlich ausgegstreute Gerücht für die Wahrheit halten, solchen, denen nichts über ihren persönlichen Ismus geht, und auch solchen, die ausschlielich irgendwelche "alternative Wahrheiten" für die Realität halten.

     

    Da ist es dann wenig verwunderlich, wenn genau solche - eben weil es Millionen davon gibt - auch mal jemanden haben möchten, der stellvertretend für diese Gruppe diversen geistigen Sondermüll populär macht.

     

    Daß ausgerechnet Trump dieser Jemand ist, ist zwar äußerst ärglicher, aber vielleicht auch anderen Umständen geschuldet. Das Fernsehen selbst (und sicher nicht nur das deutsche Fernsehen) ist ja bereits maßlos überfüllt mit Darbietern dieser Art. Da kam vielleicht ein freiwerdendes Präsidentenamt gerade recht.

  • Der Generell war für die militärische Bekämpfung von Widerständlern eingesetzt worden. Damals, vor 100 Jahren, war man bei solchen Dingen nicht zimperlich.

    Die Geschichte ist nicht widerlegt (bitte genaue Quelle angeben), sie ist allerdings auch nicht bewiesen. Es ist also eine Legende.

    Die Idee dahinter, Extremisten mit den eigenen Waffen zu schlagen, ist mir allerdings nicht völlig unsympathisch. Das kann man ja rechtsstaatlich gestalten.

    • @Kapiert:

      "Die Geschichte ist nicht widerlegt (bitte genaue Quelle angeben), sie ist allerdings auch nicht bewiesen."

       

      Ja, das hört man von sich dazu berufen fühlenden Kreisen ja öfter. Für Massenvernichtungswaffen im Irak oder den Holocaust gilt das dann wohl entsprechend?

      • @cursed with a brain:

        Ihr erster Vergleich ist unsinnig, da es hier um eine Idee und ein Prinzip geht (Abschreckung), das diskutierbar ist. Der zweite Vergleich ist komplett daneben. Der Holocaust ist hinreichend bewiesen.

  • Der Mann ist ein Idiot, ist ein Idiot, ist ein Idiot. Mich verwundert nur immer wieder, dass die Menschen sich über das aufregen, was Trump auf Twitter verbreitet. Die Anzahl seiner Followet ist praktisch sein Lebenselixier. Warum hat der Mann immer noch so viele davon? Warum hören ihm denn die Menschen noch immer zu? Jeder, der diesem Soziopathen auf Twitter folgt, sollte sich fragen, wer der größere Idiot ist.

  • Noch vor drei Jahren wurde sowas noch positiv vermerkt, schon vergessen?

     

    "Doch stehen sie Soldatinnen gegenüber, sehen die Terror-Milizionäre ihr Leben nach dem Tod in Gefahr. Im Kampf von einer Frau getötet zu werden, ist für Islamisten eine Schande." http://www.stern.de/politik/ausland/islamischer-staat--warum-is-kaempfer-angst-vor-maedchen-haben-6598470.html

     

    Wie nun?

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Für die Schweineköpfe könnte unsere KSK ja Amtshilfe in den USA leisten. Die Kosten dafür kann Frau v.d.L. vom anvisierten Militärbudget von 2% abziehen.

    Und ich glaube, Herr Trump windet sich derzeit so fürchterlich in seinen Aussagen, weil er weiß, daß in seiner Wählerschaft 'sehr, sehr gute' Schützen sind, die 'wunderschöne und gute Waffen' in ihren Kellern haben und die auch mal gerne ihre unschlagbare Treffsicherheit mit schweineblutgetränkten Projektilen in der Nähe von Golfplätzen ausprobieren werden, wenn der Guru einmal das Falsche ausplappert.

    Da verstehen die Rechten überhaupt keinen Spaß.

    • @4932 (Profil gelöscht):

      :)