Kommentar Trauer um Michael Brown: Weiß ist eine schwierige Farbe

Demonstrationen hin oder her – die weiße Bevölkerung der USA muss Rassismus endlich als Problem anerkennen. Die Debatte darüber ist überfällig.

Knapp 6.000 Menschen kamen zur Kirche, um von Michael Brown Abschied zu nehmen Bild: reuters

Michael Brown, der gestorben ist wie ein Tier, hat am Montag in Missouri eine Trauerfeier wie ein Staatsmann bekommen. Tausende waren in der Kirche. Unzählige verfolgten das Ereignis am Bildschirm. Einer der prominentesten afroamerikanischen Bürgerrechtler hielt die Trauerrede.

Vorausgegangen waren 16 Tage, die das Land bewegten. Quer durch die USA reagierten Menschen auf die Polizeischüsse gegen den unbewaffneten Teenager. Die einen mit Gebet, die anderen mit erhobenen Händen und dem Slogan: „Don't Shoot“, wieder andere mit Randale.

Für sie alle ist Michael Brown zu einer Ikone geworden, zu einem neuen Gesicht für ein Übel, das ebenso alt ist, wie die Geschichte der USA: Rassismus. Die Schnelligkeit und die Breite der Reaktionen zeigen, wie weit verbreitet die Erfahrung der sozialen und ökonomischen Diskriminierung und der Schikanen und Gewalt durch die Polizei ist.

Wie schon nach früheren tödlichen Polizeischüssen auf junge schwarze Männer wollen Bürgerrechtsbewegungen jetzt versuchen, den Moment zu nutzen, um die längst überfällige nationale Debatte über Rassimus zu erzwingen. Sie wollen materielle und personelle Reformen bei der Polizei, sie wollen bessere Schulen und Chancengleichheit im Beruf und bei der Wohnungswahl.

Die Mehrheit glänzt durch Schweigen

Eine Übersetzung der Wut in soziale und politische Reformen klingt, als könne der gewaltsame Tod von Michael Brown doch noch zu etwas Positivem führen. Doch damit das funktionieren kann, ist mehr nötig als die Stimmen aus der afroamerikanischen Minderheit.

Die weiße Bevölkerung der USA – die vorerst noch die Mehrheit stellt – muss verstehen, dass es das Problem des ganzen Landes ist, wenn Polizisten immer wieder unbewaffnete Teenager erschießen. Und dass etwas zutiefst faul ist in einem Land, in dem Polizisten ihre Dienstwaffen auf Demonstranten und Journalisten richten.

Doch in dieser Hinsicht machen die letzten Tage in den USA wenig Hoffnung. Jene in der weißen US-Bevölkerung, die jetzt für den Polizeischützen Geld sammeln und demonstrieren, sind nur eine kleine Gruppe. Die große Mehrheit glänzt durch Schweigen. Und sie zeigt damit einmal mehr, wie tief gespalten das Land ist, wie groß die Angst, das Misstrauen und manchmal auch der offene Hass sind.

Die Demonstrationen und Gedenkveranstaltungen für Michael Brown sind zu begrüßen. Die Tatsache, dass die Farbe weiß dabei allenfalls als kleines Einsprengsel vorkommt, bleibt niederschmetternd.

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