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Kommentar TransitzonenIm Stacheldraht verblutet

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Menschen aus „sicheren Herkunftsstaaten“ werden Transitzonen meiden und die grüne Grenze passieren. Und dann? Schreit die CSU nach Zäunen.

Zelte in einer Erstaufnahmeeinrichtung in Chemnitz – Transitzonen sind aber keine Alternative. Foto: dpa

D ie Einführung von Transitzonen ist als Signal der Handlungsfähigkeit des Staates gedacht. Einfache Asylverfahren sollen gleich an der Grenze abgewickelt werden, fordert die CSU seit Wochen, und die CDU scheint nachzugeben.

Faktisch ist es aber ein neues Signal der Inkompetenz der CSU, die immer wieder versucht, ihre Stammtischforderungen in der Bundesregierung durchzusetzen, und sich am Ende böse damit blamiert.

Nun sind schnelle Asylentscheidungen grundsätzlich gut. Die Antragsteller sollen baldmöglichst wissen, ob sie in Deutschland bleiben können oder nicht.

Es ist auch durchaus denkbar, Anträge an der Grenze nach Österreich zu prüfen. Zugang von Anwälten und Hilfsorganisationen ist dort auch zu organisieren – jedenfalls eher als in Nordafrika oder in Griechenland.

EU-Kommission zu Transitzonen

Transitzonen sind nach Ansicht der EU-Kommission nur unter starken Einschränkungen möglich. Solche Zonen seien laut EU-Recht nur „ausnahmsweise“ und für einen „befristeten Zeitraum“ vorstellbar, sagte der Kommissionssprecher Margaritis Schinas am Dienstag in Brüssel. Zudem müsse bei ihrer Einrichtung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. „Es stellt sich auch die praktische Frage, inwieweit eine solche Transitzone an einer Landgrenze überhaupt funktionieren würde“, unterstrich Schinas. Die Zonen seien zwar für Binnengrenzen nicht grundsätzlich verboten, machten jedoch eher an Flughäfen und EU-Außengrenzen Sinn, sagte der Sprecher. (epd)

Dennoch sind die Eilverfahren in Transitzonen eine Schnapsidee. Denn Transitzonen setzen Grenzkontrollen voraus, und Kontrollen an Binnengrenzen sind nach EU-Recht nur vorübergehend möglich, maximal zwei Jahre. Wenn die Infrastruktur aufgebaut wurde, müsste sie also gleich wieder abgebaut werden. Was für eine Verschwendung!

Außerdem sieht EU-Recht vor, dass Asylverfahren in Transitzonen binnen vier Wochen abgeschlossen sein müssen.

Wie soll das gelingen, wenn derzeit in der gleichen Zeit die Antragsteller oft nicht einmal registriert werden können? Am Ende werden die Flüchtlinge vier Wochen an der Grenze sinnlos inhaftiert, um am Ende doch einreisen zu können.

Antragsteller aus „sicheren Herkunftsstaaten“ werden zudem die Transitzonen meiden und über die grüne Grenze nach Deutschland kommen. Dann wird die CSU Grenzzäune fordern und Stacheldraht ausrollen – bis das erste albanische Kind im Nato-Draht verblutet und der Papst ein Machtwort spricht.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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10 Kommentare

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  • Transitzone+Sammel-Auffanglager=

    Konzentrations-Lager für Balkanflüchtlinge. Und hinten fahren die Züge und Busse Richtung Osten raus= Rückführung.

    So Ähnliches gab es doch schon einmal.

    Das Ganze noch unter den EU-Sternen.

    Sehr geschickt !

    Ich wette darauf, daß es nicht bei der Abschiebung von Balkanflüchtlingen bliebe. Unter Vorwänden werden dann weitete Flüchtlingsethnien folgen. Das ist der perfide Plan der bayerischen unChristlichen, unSozialen Partei.

  • „Im Stacheldraht verblutet“ – Um Gottes Willen! Wer ist denn da wann und wo verblutet?

     

    Nachdem der aufgewühlte Leser den ganzen Beitrag durchgelesen und kaum mehr erfahren hat, als er aus anderen Berichten und Kommentaren schon weiß, kommt im aller- allerletzten Satz die Auflösung: Verblutet ist zwar niemand, aber wenn die CSU das tut, was Herr Rath bereits jetzt weiß, dann könnte es ja sein, dass … usw.

     

    Liebe Freunde von der TAZ: Eure Hass-Liebe zur BLÖD-Zeitung und der Neid auf deren Auflage sollte euch nicht dazu verführen, mit denselben Mitteln zu arbeiten.

    Betrifft auch einige andere Kollegen von Herrn Rath!

    • @Pfanni:

      Gestern wurde der 1. Flüchtling an der bulgarischen Grenze erschossen !

      Und ob er nun verblutet oder einfavh nur erschossen wurde ist vollkommen egal.

      Es zeigt nur daß das dümmliche Relativieren keine 48 Stunden Bestsnd hatte. Die Realität ist eben brutaler als gedacht.

  • Ich glaube gerne, dass wir eine Mio. Menschen aufnehmen und versorgen können. Auch noch eine Zweite. Aber eine Dritte? Oder 5-10 Mio.?

     

    Im Unterschied zu Jordanien oder dem Libanon (die relativ gesehen so viele Menschen aufnehmen) haben wir den verfassten Anspruch, diese Menschen ordentlich zu versorgen. Teilhaben zu lassen. Auch medizinisch. Mit all unseren guten, aber teuren Standards.

    • @Meier3:

      Alles dumme Ausreden , Meier . Würden Sie das einem Flüchtling aus Syrien , der/die mit letzten Mitteln und letzter Kraft aus einer zerbombten Stadt entkommen ist , persönlich ins Gesicht sagen ? Und ihn/sie auf die hilfsbereiten "armen Samariter" in Jordanien verweisen , die bereits , im Verhältnis zur dortigen Bevölkerungszahl , das x-fache der Zahl an Flüchtlingen aufgenommen haben wie Deutschland ?

  • Man kann nur noch die Hände ratlos hinter dem Kopf zusammenfalten angesichts der Ratlosigkeit der Politik.

     

    Diese Maßnahme ist nicht nur rechtlich bedenklich, sie ist nicht mehr als eine Beruhigungspille für das Volk und Herrn Seehofer in München.

  • Kann mir mal einer sagen, was ein "sicherer Herkunftsstaat" ist? Diese willkürliche Bezeichnung ist nur ein Erfindung der Abschreckungs-Bürokratie, die uns in Not geratene Menschen vom Hals halten will.

     

    Nehmen wir mal Albanien und den Kosovo. Dort hat Deutschland im Balkankrieg mitgewirkt und erreicht, daß dieses Land heute zum Erbärmlichsten gehört, was Europa zu bieten hat. Deutschland hat Entwicklungshilfe versprochen aber sein Wort nicht gehalten. Nichts hat sich geändert: Albanien bleibt ein nichtregierbares Chaos, in dem die Mafia und die Armut die Herrschaft innehat.

     

    Die Sesselfurzer in der Spree-Metropole vertuschen ihr eigenes Versagen und schicken die Flüchtlinge in ihr Elend zurück.

     

    Die Einfallslosigkeit und Ignoranz der deutschen und EU-Politik findet ihren Gipfel im Bau von Grenzzäunen mit Stacheldraht - genau das, was sie dem DDR-Regime angekreidet hat. Was soll das für ein Europa sein, für das es sich ein Einsatz lohnt? All die hehren europäischen Solidaritätsprinzipien werden ohne Skrupel und Bedenken auf die Müllhalde gekehrt.

     

    Gute Nacht Europa - mir graut es vor dem Aufwachen!

    • @Peter A. Weber:

      1)

      Zu Ihrer Frage: Ein Staat gilt als sicherer Herkunftsstaat, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind. Bei der entsprechenden Beurteilung wird unter anderem berücksichtigt, inwieweit Schutz vor Verfolgung und Misshandlung geboten wird. Albanien wird nach dieser definition ein sicherer Herkunftsstaat angesehen.

       

      2)

      D hat sehr wohl Entwicklungshilfe in Albanien geleistet: https://www.bmz.de/de/was_wir_machen/laender_regionen/Mittel-Ost-und-Suedosteuropa/albanien/zusammenarbeit/index.html

       

      3)

      Milosevic sagte, Deutschland sei schuld am Balkankrieg. Sie sagen, D sei verantwortlich für die (Wirtschafts?)situation in Albanien. Die Absicht der Aussagen scheint mir ähnlich.

  • Will Seehofer Deuschland mit Stacheldraht einzäunen?, ... will er Tränengas gen Österreich abfeuern?, ... oder will er gar einen Schießbefehl erteilen?.... Will Seehofer im Frühling in den Grenzwäldern erfrorene Kinder finden?... Will er sich in die Liste der Länder einreihen, die mit Bildern einer harten Hand in der Presse erscheinen nur um drei Tage später vor der Menschenmasse kapitulieren zu müssen?.....

  • Also das Herbeireden verblutender Kinder am "Stacheldraht" halte ich für genau so unangemessen wie Özdemir mit seiner Frage nach einem "Schießbefehl".

     

    Die Idee von Transitzonen ist sicher eine kontroverse Diskussion wert, aber muss es gleich so maßlos sein?

     

    Und das Argument, das EU-Recht erlaube nur 4 Wochen Bearbeitungszeit, zieht nicht, finde ich. Erstens kann es ja ein Ansporn sein, alles so zu organisieren, dass 4 Wochen funktionieren. Zweitens gilt nach EU-Recht auch Dublin, also die Vornahme der Asylverfahren im ersten Land, das ein Asylbewerber in der EU betritt. Wenn ein EU-Recht so eklatant gebrochen wird, kann ein anderes, das in dem Zusammenhang zu sehen ist, nicht grundsätzlich eine Hürde für die Beseitigung von Problemen sein, die durch den ersten Rechtsbruch entstehen.

     

    Außerdem: Das Recht kann man in solchen Ausnahmesituationen ändern (siehe Bund-Länder-Kompromiss zur aktuellen deutschen Asylrechtsänderung). Die Gesetze sind für die Menschen da, nicht umgekehrt.