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Kommentar StudienerfolgsquoteFragwürdige Reform

Kaija Kutter
Kommentar von Kaija Kutter

Die niedrige Absolventen-Zahl wird politisch unter den Tisch gekehrt. Dabei gehört die Frage, ob die Hochschulen gut sind oder nicht, auf die Tagesordnung.

Verlassen die Hochschulen häufig ohne Examen: Hamburger Studenten Foto: dpa

S icher, ein Studienabbruch ist kein Beinbruch. Auch wenn junge Leute nur ein paar Semester Uni-Luft schnuppern und nachher etwas anderes machen, haben sie dort fürs Leben gelernt. Deshalb machen auch Studienaussteiger-Projekte wie Shift gewissen Sinn. Doch Hamburg hat sich offenbar an ein hohes Maß an Schwund gewöhnt, gibt sich geradezu lässig und unambitioniert. Hier geht es eben auch um vergeudete Lebenszeit und enttäuschte Hoffnungen.

Dass man die Studienerfolgsquoten steigern müsse, war lange Zeit ein Steckenpferd der Konservativ-Neoliberalen. Es diente als Argument dafür, die Hochschulen mit ihren Freiräumen abzuwickeln, und aus den Diplomstudiengängen mit zehn Semestern Regelstudienzeit zwei Kurz-Studiengänge zu machen: den Bachelor und den Master. Das sollte mehr Absolventen bringen. Nach dem Motto: Lieber den Bachelor in der Hand als die Taube auf dem Dach. Doch Ruhe zum Studieren bleibt da weniger, schon nach zwei, drei Semestern müssen sich Bachelor-Studierende die Zukunftsfrage stellen.

Dass nun so viele nicht an der Uni bleiben, wird einige Gründe haben. Verunsicherung, Neuorientierung, Angst vor der eignen Zukunft, scharfe Prüfungen, Überforderung, aber eben auch schlechte Studienbedingungen. Viele derer, die hier schnell wieder aufgaben, dürften unter den eher provisorischen Bedingungen der vom Bund bezahlten Sonderprogramme studiert haben. Und es ist ja bekannt: Weil der Hamburger Senat unbedingt die Schuldenbremse ziehen möchte, wurden die Hochschulen nicht auskömmlich finanziert. Demos gibt es keine mehr, denn Studienabbrecher sind nicht organisiert. Die Sorgen werden individualisiert und das Versagen ist auch schambesetzt.

Dass Uni-Leitungen Zielvereinbarungen ändern möchten, die sie eh nicht einhalten können, ist verständlich. Aber selbst Fachpolitiker im Parlament sagen, sie hätten davon nichts mitbekommen. Die Hochschulen und die Behörde dealen das unter sich aus. Das Thema ist entpolitisiert. Die Frage, ob die Uni gut ist oder nicht, wird auf abstrakte Exzellenz-Titel reduziert.

Darum gehört das Thema auf die Tagesordnung. Zu fragen ist, ob die Reform überhaupt hält, was sie versprach. Denn viele halten nicht mal den Spatz in der Hand.

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Kaija Kutter
Redakteurin taz-Hamburg
Jahrgang 1964, seit 1992 Redakteurin der taz am Standort Hamburg für Bildung und Soziales. Schwerpunkte Schulpolitik, Jugendhilfe, Familienpolitik und Alltagsthemen.
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2 Kommentare

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  • Das war doch von Anfang an klar, dass diese Reformen nicht dazu gemacht sind, weniger Abbrecher zu haben oder das Studium inhaltlich oder von den Studienbedingungen zu verbessern. Viele Eltern zahlen - so oder so und ihre Kinder schaffen es am Ende nicht. Natürlich kann das sein, dass einige dieser Abbrecher etwas fürs Leben gelernt haben, aber es sollte ja eigentlich eine akademische Ausbildung sein, die dazu taugt, eine Arbeit aufzunehmen und zwar auf einem qualifizierten Niveau. Und da frage ich mich, wie viele dieser Abbrecher werden über Praktika und stumpfes Jobben sich durchwursteln? Was machen Abbrecher nach dem Abbruch?



    Also ich gehe davon aus, dass die Uni Hamburg genauso gut oder schlecht ist, wie vor 20 oder 30 Jahren. Leider. Muss ich sagen, denn es hätte auch Alternativen gegeben, aber die sind nicht beliebt. Auch die Universität selber schützt vor allem die Professoren und Institute - es wird um Macht gekämpft und die Studenten haben in diesem Kampf schlechte Chancen, sich durchzusetzen. Auch das ist seit Jahrzehnten so.



    Dabei täte Hamburg gut daran, für gute Studienbedingungen zu sorgen, denn die Stadt lebt im Kern vom Humankapital, der hier verfügbaren Arbeitskräfte.

  • Der wichtigste Punkt, der für eine hohe Abbrecher-Quote sorgt, wird hier leider nicht angesprochen.



    Jeder meint, er müsse viel Geld verdienen um glücklich zu sein (Stichwort: Neoliberalismus), und dafür muss man eben studieren. Nun darf auch jeder studieren der will, aber nicht jeder hat auch die Notwendigen Fähigkeiten/Begabungen dafür.



    Bei uns an der Uni hat man deshalb verpflichtende Beratungsgespräche vor dem Studium eingeführt, in dem der Interessent aufgeklärt wird und eine Empfehlung bekommt ob er studieren sollte oder besser doch nicht.



    Der Erfolg ist Atemberaubend (obwohl keiner am Studium gehindert wird), der informierte Mensch trifft eben doch bessere Entscheidungen. Wissen ist Macht.