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Kommentar Studie zur Deutschen EinheitDurchsanierte Geisterstädte

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Viel Geld wurde in den Osten gepumpt: Es gibt sogar blühende Landschaften. Aber auch viele uniformierte und öde Innenstädte.

Es gibt sie doch: blühende Landschaften, hier in der Prignitz. Foto: ap

W ittenberge ist ein schönes Beispiel. Diese Stadt in der brandenburgischen Prignitz hat alles, was sich ein Ort im Osten 25 Jahre nach der Wende nur wünschen kann: glatte Straßen, hübsch sanierte Häuser, ein Kino mit vier Sälen, argentinische und orientalische Restaurants, einen Bahnhof. Und doch ist Wittenberge nicht mehr als eine stadtgewordene Depression. Warum?

Wittenberge wirkt wie ausgestorben. Wer hier (noch) lebt, tut das, weil er nicht rechtzeitig weggekommen ist – so wie das viele junge Leute getan haben. Oder nicht wegkommen kann, weil er hier irgendwann einmal ein Haus gebaut hat oder zu alt ist. Manchmal trifft man auf der Straße wacklige Männer mit Bierflaschen in der Hand.

Natürlich gibt es Wittenberger, die die Stadt an der Elbe als ihre Heimat bezeichnen. Das ist auch gut so. Aber das ändert nichts an dem Umstand der Schieflage zwischen Ost und West, die auch ein Vierteljahrhundert nach dem Mauerfall existiert.

Auch wenn der gerade veröffentlichte Bericht zur deutschen Einheit die angeglichenen Lebensverhältnisse in Ost und West bejubelt. Eine Mehrheit im Osten empfindet sich gut angekommen im vereinten Deutschland. Und etwas mehr als die Hälfte der Westdeutschen erlebt die Wiedervereinigung mittlerweile als positiv.

Jahresbericht Ost-West

Beim deutsch-deutschen Zusammenwachsen sei die fehlende Angleichung der Rentensysteme offensichtlich, kritisierte die Ostbeauftragte des Bundes, Iris Gleicke (SPD), bei der Vorstellung des Jahresberichts am Mittwoch. 25 Jahre nach der Wiedervereinigung bezögen Rentnerinnen und Renter im Osten nur knapp 93 Prozent dessen, was im Westen ausgezahlt werde. Hier sei nun die Bundesregierung gefordert. (taz)

Es wurde viel Geld in den Osten gepumpt, mancherorts gibt es tatsächlich blühende Landschaften. Zu welchem Preis? Zahlreiche Innenstädte wurden uniformiert. Ob Leipzig oder Hannover, was macht das schon für einen Unterschied? Sieht eh alles gleich aus. Und Wittenberge? Eine schick gemachte Geisterstadt.

Bei all den notwendigen Aufbauarbeiten im Osten wurden häufig die Menschen vergessen. Wittenberge war mal ein kleiner Industriestandort, mit dem sich seine Bewohnerinnen und Bewohner identifiziert haben. Davon ist nichts mehr übrig, Stattdessen versucht die Stadt, attraktiv zu werden für Rentnerinnen und Rentner. Aber das will nicht so recht klappen.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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1 Kommentar

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  • Hm, wenn es nur 93 % von den West-Renten sind, das ist ja immerhin nicht wenig (im Vergleich).

     

    Was ich nicht verstehe, ist, dass jetzt immer noch die Renten in Ost und West getrennt erhoben und ausgezahlt werden für die Zeit NACH der Wende!

     

    Ich bin ein "Wessi", der im "Osten" lebt und daher "nur" Ostrentenpunkte sammeln kann - egal ob für Kindererziehungszeiten oder durch Erwerbstätigkeit. Damit werde ich dann im Rentenalter, was noch eine Weile dauern wird, eine "Ostrente" erhalten und damit allein dadurch weniger erhalten als meine "WestklassenkameradInnen". Zumal hier ja auch immer noch die Löhne niedriger sind. Was ist das denn bitte für ein Schwachsinn nach 25 Jahren?!?