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Kommentar Streik der KatholikinnenAufstand der Frauen

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Es geht nicht nur um sexuelle Missbräuche, sondern um die Dominanz der Männer in der Kirche. Der Aufstand Maria 2.0 zielt auf's Ganze.

Demonstrantinnen für mehr Geschlechtergerechtigkeit in der katholischen Kirche Foto: dpa

W er nicht hören kann, muss fühlen. So oder ähnlich müssen sich die Katholikinnen das gedacht haben, als sie beschlossen zu streiken. Eine Woche lang wollen sich gläubige Frauen jener Einrichtung verweigern, der sie seit Jahrtausenden bedingungslos dienen, die sie im Gegenzug dafür aber schlecht behandelt.

In der katholischen Kirche haben Frauen nicht nur nichts zu melden, weniger noch: Ihre Bedürfnisse und Sorgen, ihre Lebensentwürfe, ihre Forderungen nach Akzeptanz und Anerkennung werden von jeher komplett übergangen.

Allein die Schwangerschaftskonfliktberatung. Auch Katholikinnen können ungewollt schwanger und verlassen werden oder auf andere Weise in größten Nöten sein. Suchen sie Rat bei einer katholischen Beratungsstelle, treffen sie allerdings auf Beraterinnen, die ihnen sagen müssen: Wir können leider nicht so offen beraten, wie wir das gern täten, selbst wenn wir von Frau zu Frau reden. Wir dürfen auch nicht den gesetzlich geforderten Beratungsschein ausstellen, mit dem eine straffreie Abtreibung möglich ist.

Das ist Order von ganz oben – vom Papst und von der Deutschen Bischofskonferenz. Oder anders formuliert: Männer schreiben Frauen vor, wie sie zu leben haben.

Insofern geht es bei dem Aufstand Maria 2.0 keineswegs vor allem um all die unsäglichen Skandale sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche, wie die Initiatorinnen der Onlinepetition voranstellen. Die Missbrauchsfälle und der lieblose Umgang der Bischofskonferenz damit sind nur der Anlass zu dem Streik.

Den streikenden Katholikinnen geht es um grundsätzliche Kritik an der Glaubensorganisation der katholischen Kirche, die in erster Linie auf männliche Karrieren und daraus resultierende Vorzüge ausgerichtet ist.

Die Kritik der Frauen richtet sich gegen das männlich-dominante Gebaren in und aus der Kirche heraus: die höchst verklemmte Sexualmoral, die seit Langem überholte Vorgabe, dass eine katholische Ehe nicht geschieden, sondern nur annulliert werden kann. Wer sich nicht mehr liebt, muss, um sich trennen zu können, die Beziehung – und damit auch Kinder aus der Ehe – komplett infrage stellen. Absurder geht es kaum.

Die Kritik der Frauen richtet sich zudem gegen den zutiefst inhumanen Zwangszölibat, dem Priester unterworfen sind. Und sie fordern die Gleichstellung von Frauen in jeder Hinsicht, nicht nur den Zugang zu einer Priesterinnenweihe. Frauen in der katholischen Kirche haben lange wutentbrannt zugesehen, wie Männer die Glaubenseinrichtung kaputt machen: mit frauenverachtenden Entscheidungen, mit sexueller und seelischer Gewalt, mit dem Verprassen von Kirchensteuern.

Will die katholische Kirche nicht weitere Mitglieder und damit an gesellschaftlicher Bedeutung verlieren, sollten die Männer der Kirche die Frauen endlich und ab sofort ernst nehmen.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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4 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Warum treten die streikenden Frauen nicht einfach zur evangelischen oder, wenn dort geliebte Frömmiogkeitsformen vermisst werden, zur altkatholischen Kirche über? Wäre interresant darüber etwas aus erster Hand (nicht von ohnehin antikirchlich eingestellten Leuten, die Kirche abschaffen möchten) zu erfahren.

    • @Joba:

      Hallo Jona,



      Ich bin zwar katholischer Mann, aber genauso wie viele katholische Frauen Liebe ich meine Kirche und leide trotzdem darunter, wie klerikale Männer ihre Macht missbrauchen. Dennoch ist konvertieren keine Alternative. Ich wandere ja auch nicht aus, nur weil auch in Deutschland Rechtspopulisten Leben.



      Den Frauenprotest finde ich genial, besonders die Aktion in Freiburg, die während der Priesterweihe stattgefunden hat. Unser Erzbischof müsste zähneknirschend zugeben, dass die Kirche Reformation dringend nötig hat.

  • Die kathoilische Kirch tut sich naturgemäß schwer, solche Ansprüche zu befriedigen. Denn was Viele, einschließlich der Autorin, von ihr fordern, ist Modernität. Und gerade nach der hat die katholische Kirche noch nie gestrebt. Sie stand immer auch dem Standpunkt, dass göttliche Wahrheit nur absolut sein kann und daher unabhängig von dem ist, was die Gläubigen gerne hören oder machen wollen. Sie sträubt sich daher (bis hin zur echten Blindheit) gegen den Gedanken, dass auch die Quellen ihrer Heilslehre im Zweifel zeitgeistbeeinflusst waren und diese Lehre daher nicht nur göttliche Inspiration, sondern auch eine Menge blankes Wiederholen der damaligen - sehr irdischen - gesellschaftlichen Realität enthält. Dies anzuerkennen, würde die Sicht auf diese Heilslehre empfindlich in Richtung "Beliebigkeit" verschieben.

    Auch das eher pragmatische Argument, die Kirche müsste sich liberaliesieren, wenn sie ihre Mitgleider halten wolle, zieht nicht wirklich. Ketzerisch formuliert - und global und nicht nur europazentriert betrachtet - ist ihre zeitgeist-verachtende Sturheit sogar ihr wesentliches Alleinstellungsmerkmal auf dem "Glaubensmarkt". Was uns von der Aufklärung "verhunzten" Relativisten und Säkularisierern knöchern und selbstherrlich vorkommt, ist anderswo auf der Welt der spirituelle Fels in der Brandung: DIESE Kirche hat in allen Lebenslagen eine Wahrheit parat, die verspricht größer zu sein als die Sachzwänge, das Leid und die Unsicherheit des irdischen Lebens - und sie lebt das eben auch, indem sie den Kurs hält, selbst wenn die Sterblichen sie dafür verdammen möchten.

    Das soll kein Plädoyer für ein "Weiter so" in der Kirche sein und auch nicht diese Form von religiöser Überlagerung banalster menschlicher Bedürfniswelten gutheißen. Es berschreibt nur die Realität: Die katholische hat es - nach ihrer eigenen Logik - als ihre vornehmeste PFLICHT zu betrachten, Mäuseaufstände wie diesen hier gepflegt abzureiten und weiterzumachen wie bisher.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Normalo:

      Mal ganz abgesehen von Ihrem Bild der Mäuseaufstände, die in " " gehören: Zustimmung - ohne Wenn und Aber.

      Wenn Sie mich sehen könnten, würden Sie sich über das Mäuse-Bild vermutlich amüsieren. Ich gleiche eher einer Gazelle. Oder wie heißt dieses graue Tier mit dem Rüssel? (Ist nicht von mir, aber dennoch gut.)