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Kommentar Stillstand USARadikal rechts und ohne Respekt

Dorothea Hahn
Kommentar von Dorothea Hahn

Beinahe handlungsunfähige USA, viele Staatsangestellte im Zwangsurlaub: Die Tea Party zwingt ein ganzes Land zu Boden.

Rechts von John Boehner kommt nur noch die Wand? Von wegen! Bild: reuters

A n der Gesundheitsreform von Präsident Obama mag es Mängel und Kritik geben. Aber sie ist das Beste, was die USA nach jahrzehntelangen gescheiterten Versuchen hingekriegt haben, um den Skandal von 50 Millionen Nichtversicherten im reichsten Land des Planeten zu beenden. Die Reform ist ein sozialer Fortschritt.

Niemand kann bestreiten, dass die Reform in Washington im März 2010 nach langer Debatte auf demokratischem Weg angenommen worden ist. Fest steht auch, dass Präsident Obama, der die Reform zum Kernstück seiner ersten Amtszeit gemacht hat, im vergangenen November mit einer klaren Mehrheit für eine zweite Amtszeit wiedergewählt worden ist. Die Gesundheitsreform ist mehrfach demokratisch legitimiert.

Dass die Tea Party dennoch weiterhin versucht, die Gesundheitsreform zu sabotieren und finanziell auszuhölen, zeigt, wie ideologisch verbohrt sie ist. Wie erbärmlich ihr Demokratieverständnis ist. Wie wenig Respekt sie für die WählerInnen und für die Institutionen ihres Landes hat. Und wie gleichgültig ihr die 800.000 Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes sind, die nun zuhause bleiben müssen und keinen Cent verdienen.

Natürlich gehört die längst verabschiedete und zu weiten Teilen bereits in Kraft getretene Gesundheitsreform nicht in den Haushalt für das Geschäftsjahr 2014. Die Verknüpfung der beiden Themen war kein Gesprächsangebot, sondern eine Anleitung für das Scheitern des Haushalts. Und ein sicherer Weg zum Regierungs-Shutdown, der jetzt das ganze Land zum Opfer macht.

Ohne die republikanische Parteiführung hätte das Manöver der radikal rechten Minderheit aus ihren Reihen keinen Erfolg gehabt. Die Parteispitze die sich – wenngleich zähneknirschend – längst mit der Gesundheitsreform arrangiert hat, ist in der Haushaltsdebatte auf den Tea-Party-Kurs eingeschwenkt. Damit hat sie die Stillegung der Regierung durchgesetzt. Und damit hat sie gezeigt, wie stark die radikal Rechten in der Republikanischen Partei geworden sind.

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Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.
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25 Kommentare

 / 
  • Wow... Herrlich diese Debatt- Kommentare!Und so schön kontrovers obenein !

    Der Text von Frau Dorothea Hahn erscheint mir als sehr gut objektiv!

    Und so? Mein SENF´ dazu:

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    "Säkuläre Modernität, Dialektik der Aufklärung.. mit humanistischen Ideen von Bildung und Gleichheit aller Menschen, ungeachtet Rasse, Vermögen/Einkommen/social Status hat es schwer in den heutigen USA !

    Die Kaste der `Reichen´ in den USA setzen die- historisch überholte- Ideologie des `unbegrenzten Reichtums´ fort.

    In der Form der "Tea-Party" ..

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    Und die offensichtlich antidemokratische Haltung der historisch stagnierten `TEA party´ zwingt Obama zum handeln!

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    Nun ist es die Frage: Kann Obama die TEA-party blockieren, evtl. durch Dekret verbieten? Hat er die Macht dazu?

    -------------

    Oder versinkt die USA in TEA Party Kapitalismus - social Hierarchy- neokonservative `SHIT´ ??

    "I hope the best for Obama" !!!

  • Nun sollte auch der letzte Amerikaner mitbekommen haben, welche Schwachköpfe in dieser Tea-Party versammelt sind.

  • PK
    Peter Kern

    Man kann das Thema auch anders betrachten:

    http://www.kernastro.de/redaktion_einzel.asp?ID=172

  • Die Leute von der Tea-Party benehmen sich wie kleine Kinder, die nur Altes Testament und Boersenkurse lesen. Hoffentlich baden sie das auch selber aus.

  • Wenn man sich das Geheule über das Betreuungsgeld anschaut, ist doch nicht zweifelhaft, dass SPD/Grüne usw. genau dasselbe machen würden, wenn sie es denn könnten.

     

    Gut ist, dass sie es nicht können.

     

    Und natürlich gehört eine haushaltswirksame Gesundheitsreform zu den Themen, die vor Verabschiedung des Haushalts geklärt sein müssen.

     

    Es ist wie bei uns: Obama verteilt Wohltaten an das Volk, damit er gewählt wird und bezahlt wird es mit Schulden oder neuen Steuern.

    • @Claudia Cometh:

      Sie *könnten* schon; rot/rot/grün hat zusammen mehr Sitze im Bundestag als die Union.

  • Ergänzung: Tea-Party

    Zu den Hauptfinanzierern der Tea-Party-Bewegung werden die beiden Milliardäre David H. Koch und sein vier Jahre älterer Bruder Charles gerechnet. Ihnen gehören 84 Prozent von Koch Industries, dem zweitgrößten Privatunternehmen der USA. Es betreibt Öl-Raffinerien, Kohleversorger, Chemieanlagen und Holzunternehmen, und hat im Jahr einen Umsatz von etwa 100 Milliarden Dollar. Die Süddeutsche Zeitung folgert: „Die Kochs wollen den totalen Kapitalismus, und sie sind bereit zu kämpfen – gegen ein staatliches Gesundheitssystem, gegen den Klimaschutz und alles andere, das sie für Auswüchse des Sozialismus halten.“...noch Fragen??

  • Wie sehr dieser ebenso verblödete wie stinkreiche Verein der Zukunft zugewandt ist, kann man schon am Namen "Tea Party" ablesen. Dass dieses Pack überhaupt einen solchen Einfluss gewinnen konnte, ist das bleibende "Verdienst" des eigentlich eher moderaten Republikaners und Ex-Präsidentschaftskandidaten John McCain, der es fertigbrachte, die ebenso steindumme wie zutiefst religiöse Krawallschachtel Sarah Palin (wörtliches Zitat aus dem Wahlkampf 2008: "Der Irak-Krieg ist Teil von Gottes Plan") zu seiner Vizepräsidentenkandidatin zu küren bzw. sich von Fox News aufschwatzen zu lassen. Aber diese Leute werden am Ende wirklich gewählt, und die Medien haben offenbar ihren Spaß daran. Irgendwann ist's dann halt kein Spaß mehr.

  • S
    Shitstorm

    Vielleicht darf ich bals sagen: "der Kapitalismus ist auf ganzer Linie gescheitert", ohne als Kommunist, der ich nicht bin, verprügelt bzw. neudeutsch: geshitstormed zu werden:-)

  • H
    Heiner

    Das ist ein tendenziöser Artikel. Hier geht es nicht um den Anspruch auf Gesundheit, sondern eine Krankenversicherung ist Zwangsparen. Zwangsparen ist mit dem Recht auf Eigentum nicht vereinbar. Bei der ungesunden Lebensweise der prekären Amerikaner will das andere Amerika nicht für deren Lebensstil zahlen.

    • @Heiner:

      Nach der Logik wäre in Deutschland das System kollektiver Zwangssicherung - was wir durchaus haben, zum Glück - per se verfassungswidrig, weil es gegen Art. 14 GG verstoßen würde. Sehr gewagte Interpretation...

  • "Radikal rechts und ohne Respekt"

     

    das ist sachlich fast korrekt. Aber auch sehr einseitig. Die TAZ klagt immer nur die Menschen rechts der Mitte an, die Menschen links der Mitte werden fast nie zur Rechenschaft gezogen. Linksradikale können Bundeswehrfahrzeuge abfackeln, die Signalanlagen der Berliner S-Bahn beschädigen oder Polizeifahrzeuge anzünden - für die TAZ kaum Kritikwürdig.

    Die Linkspartei kann ungestraft Steuern für Reiche fordern - das stört keine Sau. Aber wehe man kritisiert einen Homosexuellen, dann ist man der Superböse.

    Einseitigkeiten und Unsachlichkeiten so man nur hinschaut. Eigenkritik, Selbstkritik der deutschen Linken - völlig undenkbar. Schuld haben IMMER nur die Anderen.

    Es gab nur sehr wenige Ausnahmen: Gorbatschob, nur der war ein Russe.

    • B
      bigel
      @Heiko:

      "Die Linkspartei kann ungestraft Steuern für Reiche fordern - das stört keine Sau. Aber wehe man kritisiert einen Homosexuellen, dann ist man der Superböse. "

      Wo ist da der Zusammenhang?

      • @bigel:

        Ja - vor allem, da es ja auch homosexuelle Reiche gibt. Bzw. reiche Homosexuelle.

         

        ;-))

  • Klassenkampf auf amerikanisch. Wer keine Kohle hat, hat auch keinen Anspruch auf Gesundheit. Und das ist Freiheit lt. der Tea-Party. Ist auch relativ einfach, wer im Kongress sitzt, dem bezahlt der Staat die Krankenversicherung. Und was sind schon 800.000 Menschen die keine Lohn mehr bekommen? Für die Republikaner gilt dies nicht, sie bekommen weiter ihr Geld, wenn sie denn im Senat oder im Kongress sitzen. Das was wirklich erschreckend ist und hinter diesem unwürdigen Schauspiel steckt, ist die Tatsache, dass die relativ kleine Gruppierung der Tea-Partyd, anscheinend das Sprachrohr der Republikaner geworden ist. Man kann sich schon vorstellen, sollten sie mal die komplette Macht übernehmen, wie es dann durch die USA die Frage schallt: Wollt ihr die totale Wirtschaft?

  • W
    Wolfgang

    Den nordamerikanischen REPs geht es um die physische Ausrottung der Armen und nicht um die Überwindung der Armut!

     

    Modifizierter Faschismus: Kapitalfaschismus der imperialistischen Neuzeit im 21. Jahrhundert!

    • @Wolfgang:

      Wer soll dann bei McDonalds Burger verkaufen und wer die Autos in den Waschanlagen? Die Frage ist nicht zynisch gemeint.

  • I
    irmi

    Das sind die Leute die für den Stillstand in den USA verantwortlich sind.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Tea-Party-Bewegung

     

    http://www.focus.de/finanzen/news/finanzen-hintergrund-die-tea-party-bewegung_aid_651539.html

    Titel: Die populistische Tea-Party-Bewegung entstand nur wenige Monate nach der Wahl Barack Obamas zum US-Präsidenten. Sie richtete sich von Beginn an frontal gegen den Präsidenten und seine vermeintlich europäisch-sozialistische Politik.

     

    http://www.welt.de/politik/ausland/article6276877/Tea-Party-macht-mobil-gegen-Sozialist-Obama.html

  • 53
    5389835 30

    Wenn das zur Abschaltung der NSA fuehrt... und Schluss der Drohnenangriffe... Dank Ayatollah Kapitalismus...

  • A
    Alecs

    und ich frage mich immer welche transatlantischen freunde unsere massenmedien meinen wenn sie über die usa sprechen. stichwort NSA affäre ...

     

    die bevölkerung der USA besteht aus mehr als 40% aus soziopathen, sprich aus wahren asozialen. und damit meine ich nicht die penner auf deren straßen, sondern die penner die für die wahrung ihren interessen auf millionen von landsleuten pfeiffen.

     

    das können keine freunde deutschlands sein und sollten auch keine sein. ein teil unserer medien und politiker sollten einfach mal die fresse halten mit solch dämlich freundschaftsaussagen. die bürger der vereinigten staaten sind sich ja nicht einmal ihr eigener freund.

     

    antiamerikansismus basiert schon lange nicht mehr auf klischees, die USA geben einem seit mehr als 60 jahren immer gründe sie nicht sympathisch zu finden. ein freies land, dass ich nicht lache.

     

    was für ein armseliges land!

  • G
    gast

    Typisch für gewisse Leute in der Regierung, das ihnen der normale Bürger sonst wo vorbei geht.

     

    Welche Folgen hat die Situation dort mit dem Rest der Welt ????

  • DM
    David Mirschlecht

    Die taz sollte sich schämen, die Tea-Party pauschal als "Rechte" zu beschimpfen. Und das in Deutschland, in dem man mit sowieso viel zu einfach gestrickten und historisch verschleißten und für Propaganda mißbrauchten Worte "rechts" eigentlich besonders vorsichtig umgehen muss.

     

    Ihre Meinung über die Gesundheitsreform möchte ich Ihnen nicht absrechen.

     

    Ihren Bezug zur Realität schon.

  • M
    Majestix

    Hihi, dass ich das noch erleben darf!

    Die taz fordert Respekt vor dem amerikanischen Präsidenten!! :)))

  • M
    montaigne

    Wenn Rot/Rot/Grün das durch den Bundesrat könnten, würden sie es ebenfalls tun.

    • @montaigne:

      Was? Gegen die Einführung der Krankenversicherung mobil machen?

       

      Rot/Rot/Grün könnte übrigens schon im Bundestag jedes Gesetz blockieren, da käme es auf den Bundesrat gar nicht mehr an.