piwik no script img

Kommentar Steuerpläne der SPDEin Teufel namens Splitting

Die SPD will das Ehegatten- durch „Familiensplitting“ ersetzen. Die Idee ist gut. Das eigentliche Problem aber ist ein ganz anderes.

Verheiratet oder nicht? Beim „Familiensplitting“ spielt die Frage keine Rolle mehr. Foto: dpa

Kein anderer Industriestaat hat ein so beklopptes Steuersystem wie Deutschland: Es subventioniert das Heimchen am Herd – mit 20 Milliarden Euro jährlich. Der Trick heißt „Ehegattensplitting“ und hält sich so hartnäckig wie die Aknepickel in der Pubertät.

Kaum eine Steuersubvention ist so ungerecht: Sie begünstigt Besserverdiener, während Alleinerziehende leer ausgehen – und ob Kinder großgezogen werden, ist dabei völlig unerheblich.

Die SPD unternimmt jetzt einen neuen Anlauf, um diesen Wahnsinn zu beenden. Sie will ein „Familiensplitting“, das Kinder stärker fördert – unabhängig davon, ob die Eltern verheiratet sind oder in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zusammenleben.

Die Idee ist gut, aber nicht neu. Bereits im letzten Wahlkampf hat die SPD ein Familiensplitting gefordert, und auch die Grünen und Linken wollen das Ehegattensplitting beenden. Doch gebracht hat diese Allianz im Geiste nichts, der Status quo war stärker.

Ein erster Grund ist denkbar platt. Wähler goutieren es nicht, wenn liebgewonnene Subventionen gestrichen werden sollen. Doch das eigentliche Problem liegt tiefer. Das Ehegattensplitting lässt sich nicht isoliert betrachten, sondern ist Teil eines absurden Teufelskreises.

Da viele Frauen höchstens Teilzeit arbeiten, müssen sie bei einer Scheidung von ihren Männern unterstützt werden. Diese Unterhaltszahlungen können von der Steuer abgesetzt werden. Geschiedene Männer dürfen aber nicht besser gestellt sein als verheiratete, das gebietet der Gleichheitsgrundsatz. Also muss es das Ehegattensplitting geben.

Dieses Splitting sorgt dann wiederum dafür, dass viele Frauen nur Teilzeit arbeiten und als Geschiedene unterstützt werden müssen, was wiederum das Ehegattensplitting begründet. Echt irre, aber deutsche Realität.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

17 Kommentare

 / 
  • Das Bild zu Beginn war wohl eine nicht relevante Werbung. Diese Unwahrhaftige Kommunikation muss daneben gehen, denn es geht nicht um Kinder zu zeugen sondern lediglich um Geld.

    Das zeigen auch die Kommentare deutlich. Es fehlt die Familien Planung d,h. sie sitzen mangels Verlässlichkeit in der Optimierungsfalle! (Nida-Rümelin)

     

    Geld hat keinen Wert, sondern ist ein Versprechen einmal dafür reale Güter dafür zu erhalten. Aber dank der Banken Krise und der Europa Krise können sich diese Menschen ein Monopoly Spiel kaufen und um heisse Luft spielen.

     

    Die prekären Arbeitsverhältnisse werden zunehmen, wie die selbstständigen ein Personen Firmen, die Hartz IV bekommen. Viel Lärm um Nichts (Shakespeare)

    Die Zukunft liegt bei den realen Kindern.

    Ich bin mit meinen Beiden sehr zufrieden.

  • "Wähler goutieren es nicht, wenn liebgewonnene Subventionen gestrichen werden sollen."

     

    Ähm... aber es soll ja gar nichts gestrichen werden, im Gegenteil: Die Steuergeschenke sollen noch auf andere ausgedehnt werden.

     

    Ich bin dagegen, anderen Leuten weiterhin ihr Privatvergnügen zu finanzieren.

  • der Grundgedanke des Splitting ist so einfach wie richtig: Wenn 2 Leute von einem Einkommen leben müssen, hat jeder nur noch die Hälfte. Also muss das Einkommen auch niedriger besteuert werden. Das "Heimchen am Herd", das hier abwertend gemeint sein soll, kann auch einfach eine Mutter oder ein Vater sein, die es für richtig halten, viel Zeit mit dem Nachwuchs zu verbringen. Man hat die nur 1 x. So falsch ist das nicht. Falsch ist es eher, das Splitting als "Vorteil" zu betrachten. Wäre es gerechter, wenn der Alleinstehende genausoviele Steuern zahlt wie der, der mit seinem Einkommen für mehrere aufkommt?

    • @Dr. McSchreck:

      Das stimmt so nicht. Wenn 2 zusammenleben, teilen sie sich Miete, Heizung, Strom und alle sonstigen Unterhaltskosten, außerdem die Hausarbeit usw. Sie kaufen von allem die größere Menge als ein Einzelner und profitieren daher vom Rabatt. Wenn sie auch noch verheiratet sind, sind sie sowieso steuerlich begünstigt und wenn sie auch noch Kinder haben, kommt die erwerbstätige Allgemeinheit für die horrenden Gesundheitskosten der ganzen Familie auf. Viel billiger Leben geht gar nicht mehr.

    • @Dr. McSchreck:

      Sie sind also auch dafür, das Splitting für kinderlose Paare sofort abzuschaffen?

       

      Denn ansonsten nennen Sie keinen Grund, warum sich in einer Ehe eine Person einfach auf die faule Haut legen sollte.

      • @Age Krüger:

        wenn 2 Leute entscheiden, dass der eine für beide aufkommt und der andere zB "nur" den Haushalt führt, dann ist das ihr gutes Recht. Ebenso gibt es Leute, deren Kinder erwachsen und aus dem Haus sind, die aber trotzdem der Meinung sind, die eine Person müsse jetzt nicht mehr zwingend einer Erwerbsabeit nachgehen, die in ihrem Alter auch schwer zu finden ist. Man überlässt das "Regale auffüllen" denen, die das Geld brauchen.

         

        Wieso soll in einer solchen Konstellation der Alleinverdiener genausoviel Steuern zahlen, als käme er nicht für die zweite Person auf. Immerhin spart er dem Staat jeden Monat mindestens 600 Euro, weil der "auf der faulen Haut liegende" (ihre Worte) von seinem Geld und nicht von Sozialleistungen lebt.

         

        Ich bin FÜR ein Unterhaltsrecht, das die gegenseitige Unterstützung der Partner sichert und daher bin ich auch FÜR ein Ehegattensplitting. Unc ich glaube, dass sehr viele Studien bestätigen, dass Stabilität im Leben der Menschen - gerade auch von Kindern - ein wichtiger Faktor ist. Dass man also Lebensformen unterstützen sollte, die diese Stabilität abbilden. Dazu gehört die Ehe.

        • @Dr. McSchreck:

          Darauf könnten wir uns sogar einigen.

          Jetzt müssen Sie nur noch erklären, warum das nur für Ehegatten oder einegtragene Lebenspartner gelten soll und warum dies nicht für alle Menschen, die dies in Form von WGs oder Kommunen machen wollen, gelten soll.

          • @Age Krüger:

            der Artikel war nicht mehr so leicht zu finden, trotzdem eine Antwort: weil eine WG durchaus nicht so konstruiert sein muss, dass man füreinander aufkommt. Der wichtigste Unterschied zur Ehe ist allerdings: es gibt keine Verpflichtung über das Ende der WG hinaus.

            Bei eingetragenen Partnerschaften geben ich ihnen dagegen Recht. Wenn man langfristig füreinander finanziell einsteht, muss man auch den Steuervorteil erhalten.

      • @Age Krüger:

        Ich auch nicht, Ehegatten splitting, genauso wie Unterhaltszahlungen an Expartner (Kinder natürlich ausgenommen) gehören abgeschafft im 21. Jahrhundert.

  • 7G
    70023 (Profil gelöscht)

    Ich kann nur die damalige Schrott Regierung (Schröder-Fischer) erinnern. Sie hatten alle Möglichkeiten die Missstände in diesem Land zu korrigieren. Was haben sie gemacht. Harz Gesetze gemacht Mit anderen Worten noch mehr Mist erzeugt. Als TAZ hat die Parteizeitung der Grünen diese Mist noch hoch gelobt. So läuft die Koalition zwischen Medien und Politik. Jetzt sind meine Kinder erwachsen und aus dem Haus. Was die Parteien planen interessiert mich nicht, abgesehen davon, dass die Grünen genau so neoliberal wie die ruhmreicher FDP und Westerwelle.

    • @70023 (Profil gelöscht):

      Damals hätte man gerne das Splitting beendet. Doch der Einwand mit den besser gestellten Geschiedenen galt schon damals. Zudem war der Bundesrat CDU-Dominiert, es wurde alles abgeblockt, was nur möglich war. Schröder ist zwar der Ziehvater von Gabriel, doch insgesamt war schon damals die Entscheidungskompetenz der Regierung stark eingeschränkt. Damals hätte keine Initiative zum Splitting auch nur den Hauch einer Chance gehabt.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Der Ausdruck "Steuererhöhungen" ist mittlerweile zu einem Totschlagargument geworden. Da wird eine möglichst breite Auswirkung suggeriert, um möglichst breiten Widerstand zu erzeugen. Unvergessen wie bei der Diskussion um den Spitzensteuersatz plötzlich Facharbeiter als betroffene Gruppe ins Spiel gebracht wurden.

    • @10236 (Profil gelöscht):

      Facharbeiter SIND in der betroffenen Gruppe. Dank Jahrzehnten kalter Progression greift der "Spitzensteuersatz" beim 1,6-fachen des durchschnittlichen Gehalts. Unter der Arbeiteraristokratie in Wolfsburg oder Sindelfingen am Band überhaupt keine Seltenheit. Anno dazumal war es etwa das 4-fache. Ebenso steigt der Grenzsteuersatz bei kleineren Einkommen rasant an. Es spricht ja nichts gegen einen höheren Spitzensteuersatz, aber dann bitte auf tatsächliche Spitzeneinkommen (unterhalb der dämlich-benamsten "Reichensteuer") und nicht so gestaltet, daß wie gehabt Selbständige hart und Arbeitnehmer ob ihrer geringen Fluchtgefahr am härtesten rangenommen werden

      • @Wurstprofessor:

        Wie kommen Sie auf diese Zahlen? Das durchschniitliche Gehalt in Deutschland liegt bei 24.000 EUR netto im Jahr. Der Spitzensteuersatz von 42% muss ab 96.000 EUR zu versteuerndem Einkommen bezahlt werden. Durch die zahlreichen Möglichkeiten zur Absetzung von der Steuer entspricht das einem Netto-Einkommen von weit über 120.000 EUR. Es gibt in der Realität nur ganz wenige, die den Spitzensteuersatz zahlen. Und die können es sich wirklich leisten.

        • @taz-Genosse 08/15:

          So viele Zahlen - und alle falsch, bis auf die 42.

          Brutto / netto, auch alles wild durcheinander. Ich habe jetzt mal nachgeschaut, damit Ihr Unfug nicht unwidersprochen bleibt.

          24t netto ist das Durchschnittsgehalt - stimmt. das sind etwa 41t brutto - und die 42% greifen bei knapp 53t brutto ... also ist ein "Spitzeneinkommen" nicht mal 1,6x Durchschnitt, sondern 1,3x.

          Wie Sie auf 96t kommen (das ist nicht der Wert für Paare), die zu versteuern sind und dann Netto 120t ergeben, bleibt Ihr wildes Geheimnis.

    • 7G
      7332 (Profil gelöscht)
      @10236 (Profil gelöscht):

      Die Facharbeiter wurden ins spiel gebracht, weil sie_betroffen_ sind!!!

       

      In der Industrie mit entsprechenden Tarifen liegen die Gehälter für Techniker, Meister und Ingenieure eben höher als die berüchtigten 52.000 € brutto, bei denen bereits der Höchststeuersatz greift. Und mit dem Brutto kommen sie nicht weit, die Steuern sind viel zu hoch! In den frühen Sechzigern lag der Steuersatz auf einem Durchschnittseinkommen lt. Website des Finanzministeriums bei ca. 6,8%, heute bei mehr als 18%. Hätte ich die fehlenden zwei Drittel der Steuerlast zur Verfügung, hätte ich keine Angst vor dem Rentenalter, könnte selbst vorsorgen. Der Höchststeuersatz kam damals bei 375.000 € zum Tragen. Völlig ausreichend, das brauchen wir wieder. Arbeit, besonders qualifizierte Arbeit muss sich lohnen! Die Gleichmacherei in Richtung alle gleich arm ist nicht zielführend!

      • @7332 (Profil gelöscht):

        Das liegt daran, dass Kapitaleinkünfte immer mehr entlastet wurden. Dabei wäre angesichts von über 90 Prozent Automation eine höhere Maschinensteuer wichtig und richtig. Auch das Argument mit dem scheuen Kapital wie ein Reh, zieht nicht. Was täte der Förster? Der baut Wildzäune. Gegen Migration werden Zäune aus Klingendraht gebaut. Die EU spricht davon Steuerinseln zu schließen. Doch es kommt nie zu einem Ergebnis. Die Transaktionssteuer wurde zwar beschlossen, doch nie eingeführt. Wir werden eben verarscht.