Kommentar Steinkohle: Geordneter Rückzug

Steinkohlesubvention ist ökologisch und ökonomisch unsinnig. Aber: Tausende Arbeitsplätze sind gefährdet. Ein geordneter Rückzug bis 2014 ist leider nicht zu machen.

Die deutschen Reaktionen auf die Pläne der EU-Kommission, die Subventionierung des Steinkohlebergbaus früher als bisher geplant beenden zu lassen, folgen der altbekannten Schlachtordnung: Die SPD läuft Sturm, die FDP jubiliert schadenfroh. Überraschend fällt nur die Reaktion der nordrhein-westfälischen Grünen aus: Deren neuer Umweltminister Johannes Remmel hat den Vorstoß aus Brüssel, der bis Ende 2014 zur Schließung der letzten deutschen Zechen führen würde, scharf kritisiert.

Na so was! Jahrelang haben die Grünen an Rhein und Ruhr für ein schnelles Ende des Steinkohlebergbaus gestritten. Jetzt könnte der Ausstieg vier Jahre früher erfolgen als im Kohlepakt zwischen Bund und Ländern 2007 mühsam vereinbart. Und ausgerechnet die Grünen torpedieren diese Chance? Opfern sie mal wieder ihre Prinzipien auf dem Altar der Koalitionsräson? Nein, so einfach ist es nicht.

Keine Frage: Die Steinkohle zu subventionieren ist ökologisch und ökonomisch unsinnig. Der Einstieg in den Ausstieg hätte schon viel früher erfolgen müssen. Gleichwohl: Derzeit arbeiten noch 27.000 Kumpel in sechs Bergwerken in Nordrhein-Westfalen und dem Saarland. Die FDP schert sich schlichtweg nicht um das Schicksal dieser Bergleute und ihrer Familien, sie sind nicht ihre Klientel. SPD, die Bergbau-Gewerkschaft und auch die Linkspartei dagegen schwadronieren nach wie vor über einen "Sockelbergbau", der über das Jahr 2018 hinaus geht, und gaukeln ihnen damit eine Perspektive vor, die sie nicht haben. Beides ist verantwortungslos.

Remmel dagegen, ein entschiedener Gegner der Steinkohle, sind die, die noch von ihr leben, nicht egal. Er macht ihnen keine Illusionen, will sie aber auch nicht ins Bodenlose fallen lassen. Deswegen fordert er zu Recht, einmal getroffene Vereinbarungen einzuhalten, um soziale Verwerfungen zu vermeiden. Das heißt: geordnete Zechenstilllegungen ohne betriebsbedingte Kündigungen. Bis 2014 ist das nicht zu machen. Leider.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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