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Kommentar Spaltung der AfDDas Ende des Aufstiegs

Mit dem Antisemitismus-Streit folgt die AfD den Republikanern und der Schill-Partei. Ihr geht das liberal-konservative Image verloren.

Wer seine Schriften liest, erkennt sofort, dass es sich um Antisemitismus handelt: Wolfgang Gedeon Foto: dpa

Fast alle Versuche, in Deutschland rechtspopulistische Parteien zu etablieren, sind an dem gleichen Widerspruch zerschellt. Die Rechten polterten gegen den liberalen Mainstream und Migranten, wollten aber gleichzeitig als wahre Konservative gelten. Genau dieser Spagat ist Republikanern, Schill-Partei und anderen rechten Parteien in schöner Regelmäßigkeit misslungen. Die antiliberalen Hassreden zogen magnetisch Rechtsextreme an. Der Schein des Gutbürgerlichen verschwand, übrig blieben obskure rechte Spittergruppen.

Die AfD schien bisher das Gegenteil zu beweisen. Doch der Aufstieg der Rechtspopulisten kann mit dem Austritt von Parteichef Jörg Meuthen und einem Dutzend Abgeordneten aus der AfD-Fraktion in Baden Württemberg vorbei sein. Spaltungen und innere Kämpfe wirken auf das rechtsbürgerliche Publikum, das es lieber aufgeräumt mag, ohnehin deprimierend.

Dass der Chef der AfD nun aus der eigenen Fraktion flieht, ist mehr als ein Krisenzeichen. Meuthen beteuert zwar unverdrossen, dass die Rechtspopulisten „eine staatstragende Partei sind“. Doch das ist die AfD nicht. Die Fraktion in Stuttgart ist nicht in der Lage, einen Abgeordneten auszuschließen, der das „Talmud-Judentum“ für den „inneren Feind des christlichen Abendlandes“ hält.

Schon die Vorgeschichte dieses Eklats war bezeichnend. Wer ein paar Zitate aus Wolfgang Gedeons Agitpropschriften las, wusste, dass man kein wissenschaftliches Gutachten braucht, um zu erkennen, dass es sich hier um puren Antisemitismus handelt. Doch knapp die Hälfte der AfD-Fraktion in Stuttgart ist nicht in der Lage, das Selbstverständliche zu tun.

All das passiert nicht im Osten, wo Höcke & Co. völkische Propaganda forcieren, sondern im Südwestern der Republik. Dort, wo die AfD sich um das Image bemüht, das liberal-konservative Bürgertum zu verkörpern.

Der Kitt war eine Legende

Das Erfolgsgeheimnis der AfD war es bis dato, wie ein Staubsauger allen Verdruss aufzusammeln und gegen die da oben zu bündeln. Die Legende, die einzige Opposition in „der linksgrün versifften Republik“ zu sein, so Parteichef Jörg Meuthen, war der Kitt, der auch das Unvereinbare verband.

Kann sein, dass es mit diesem glatten Aufstieg erst einmal vorbei ist. Der Gedeon-Eklat ist keine Etappe in einem Häutungsprozess, an dessen Ende eine rechtskonservative, demokratische Partei stehen wird. Er zeigt vielmehr, welchen geistigen Schutt die AfD mit sich führt.

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22 Kommentare

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  • Nur ein kleiner Einwand:

    Ist Ihnen bewusst, dass die Grünen, die Linken, die Piraten, und eigentlich alle Parteien in ihrer Gründungsphase das Selbe durchgemacht haben? Ist es Ihnen entgangen, dass es mit Agenda2010 und Kriegspolitik eine Spaltung der Grünen gegeben hat? Die ganzen Spontis, die aus Protest ausgetreten sind, naaa?

    Das dies bei den Nationalisten natürlich aus anderen Motiven passiert ist dabei geschenkt.

    Aber: Ein ganz normaler Vorgang einer noch jungen Partei. Was daraus hervorgeht, warten wir es ab. Falsch ist aber die Hetze, wie beispielsweise gestern in der Landesschau, dass Meuten vom Nachrichtensprecher Feigheit und anderes vorgeworfen wird.

    • @Cypher:

      Zumal Herr Gedeon wohl auch mal den Linken sehr nahe stand ...

  • Man sagt immer, es liegt an Mutti und den "etablierten" Parteien, dass am Gros der Bevölkerung vorbei regiert wird. Dann müsste doch eine Linke oder Grüne weit vorn liegen. Tut es aber nicht. Liegt denn in den Bevölkerungen der Länder eine Art Rechtsdrall in den Genen??

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @dator:

      Jeder Protest bevorzugt entsprechend auftretende "bad boys". Wen interessiert schon, dass die Linke z.B. die gescheitesten kleinen Anfragen im Bundestag bringt, die vieles (z.B. aus der Welt der Verschönerungsstatistik) entlarven.

       

      Dazu passend: http://ad-sinistram.blogspot.de/2016/07/erst-wenn-wieder-linke-gauck-beschimpfen.html

  • Vor allem ist eine Partei, die hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt ist, für die Etablierten keine Gefahr mehr und löst nicht mehr Panik aus.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "Spaltungen und innere Kämpfe wirken auf das rechtsbürgerliche Publikum, das es lieber aufgeräumt mag, ohnehin deprimierend."

     

    Ein Jahr nach Essen kann man das aber schlecht behaupten. Ich bezweifle (trotz der anderslautender Studien), dass die AfD vorwiegend "rechtsbürgerliches" Publikum anspricht:

    http://www.faz.net/aktuell/politik/afd-waehler-jung-maennlich-und-enttaeuscht-14123702.html

    http://www.faz.net/aktuell/politik/wahl-in-baden-wuerttemberg/rechtspopulisten-in-mannheim-wie-die-afd-eine-spd-hochburg-eroberte-14126222.html

  • Es ist mir etwas zu früh, um die AfD schon abzuschreiben - die demnächst in verschiedenen Ländern Europas aufkommenden Bewegungen, sich von der EU zu trennen, werden der AfD Wähler zuführen, sofern die etablierten Parteien und deren Repräsentanten nicht ganz eindeutig klarstellen, dass ein Austritt aus der EU auch wirklich mit harten Folgen verbunden ist. Wenn die Briten sich tatsächlich ein halbes Jahr Zeit lassen dürfen und das ohne harte Folgen für UK bleiben sollte, dann ist das meiner Meinung nach aktive Wahlhilfe für die AfD in Deutschland, FN in Frankreich und so fort.

    • @BalouBear67:

      Frage: Ist es nicht auch dann Wahlhilfe für die Nationalisten, wenn dem Bürger vorgeführt wird, dass ausschließlich aufgrund gekränkter Egos und als abschreckendes Beispiel für alle anderen die Souveränität von GB missachtet wird, Verträge gebrochen und Börsenreaktionen durch durchsichtige Manöver Herrn Schäubles provoziert werden?

    • 3G
      33324 (Profil gelöscht)
      @BalouBear67:

      Eine Wahlhilfe für die AfD ist es, wenn die Bürger mehr und mehr das Gefühl haben, ihre Interessen werden politisch nicht vertreten und es wird an ihnen vorbei regiert.

  • 3G
    34970 (Profil gelöscht)

    Wer sich inhaltlich mit der AfD auseinandersetzt muss eigentlich einsehen das dort kein Platz für bürgerliches Gedankengut ist. Jedenfalls keines aus diesem Jahrhundert. Deswegen glaub ich auch nicht die Mähr vom good und bad AfD-ler. Der eine kanns nur besser verstecken als der andere. Es bewegt sich alles auf Gauland - Höcke Niveau. Das wird mir immer deutlicher und auch Meuthen wird keine Ausnahme sein.

  • 3G
    33324 (Profil gelöscht)

    Vorsicht ! Als Linke sollten wir uns nicht zu früh über den erwarteten Niedergang der AfD freuen. Die jungdynamisch daherkommende, rhetorisch nicht ungeschickte Vorsitzende Frauke Petry ist m.E. versiert genug, das Ruder herumzureißen um das ins Schlingern geratene Schiff AfD wieder in zwar trübes, aber tragendes Fahrwasser zu bringen. Der Erfolg der AfD wird jedoch letztendlich nicht an einzelnen Personen hängen, wie auch das - trotz Austritts des Vorsitzenden Prof. Lucke - plötzliche Wiedererstarken der AfD im letzten Herbst zeigt. Der Erfolg der AfD hängt vielmehr davon ab, ob Merkel endlich begriffen hat, dass man nicht dauerhaft über die Köpfe der Menschen hinwegregieren kann: Je bürgerferner Merkels Politik, desto stärker die AfD.

    • @33324 (Profil gelöscht):

      "Als Linke sollten wir" ist der lustigste Etikettenschwindel des Jahres.

      • 3G
        33324 (Profil gelöscht)
        @cursed with a brain:

        Sie haben etwas gegen mich, weil ich einen russischen Namen trage. Dies ist derzeit nicht so populär. Ich weiß schon. Das lässt man mich tagtäglich spüren. Machen Sie sich also nichts daraus. Sie sind nicht der Einzige.

        • @33324 (Profil gelöscht):

          Ich dachte Sie sind muslimischer Jude, der als Kontingentflüchtling aus Albanien gekommen ist und eine deutsch-polnische Großmutter hatte - wie kommen Sie auf Russe?

  • "Vor allem hatte sich Pegida und Hogesa gebildet in Reaktion auf die Ausrufung eines sog. Kalifates. Also eine Selbstbewaffnung gegen globalisierte Entwicklungen."

     

    Ist das ironisch gemeint? Ernst kann es ja wohl nicht sein.

  • Wolfgang Gedeon - mal sehn, wann er als V-Mann (von wem auch immer) präsentiert wird.

    • @TazTiz:

      Wenns zu peinlich wird, einfach eine Verschwörungstheorie aus dem Hut zu zaubern hilft auch nicht immer weiter.

       

      Wenn Sie der Meinung sind, Gedeons - mehrere Jahre alte - Zitate sind nicht antisemitisch, dann sind Sie ein Antisemit.

       

      Wenn Sie der Meinung sind, diese Zitate sind zwar - nur möglicherweise oder tatsächlich - antisemitisch, das spiele aber für die AfD und ihre Landtagsfraktion im Grunde keine Rolle, dann sind Sie ein Antisemit, der zudem die Bedeutung des Antisemitismus vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte leugnet.

       

      Und wenn Sie meinen, diese Zitate sind durchaus antisemitisch und das spiele auch eindeutig eine Rolle für die AfD und ihre Landtagsfraktion, aber weil Gedeon ein - von wo auch immer gelenkter - "V-Mann" sei, wäre er so gerissen und subtil vorgegangen, dass die übrigen Mitglieder der AfD einfach überhaupt keine Chance gehabt hätten, diesen Antisemitismus zu erkennen, obwohl seine Bücher mit diesen Zitaten seit Jahren auf den Versammlungen der AfD ausliegen, dann sind Sie ein Antisemit mit einem Hang zu Verschwörungstheorien.

      • @cursed with a brain:

        Sie kannten ja Herrn Gedeon sehr gut ... was sagen Sie eigentlich zu seiner linken Vergangenheit und seinem "plötzlichen" Sinneswandel?

        Alles Verschwörungstheorien ...

      • @cursed with a brain:

        Bitte nicht so eindimensional denken.

         

        Warum muss es denn gleich der Verfassungsschutz sein ... der eine potentiell neoliberale AfD (im Luckeschen Sinne) unterwandern (und in eine bestimmte Richtung treiben) will.

         

        Im Übrigen verbitte ich mir den Antisemiten! Es sei denn, Sie wollen gar keine Diskussion, sondern nur schwadronieren ....

  • Das Ende des Aufstiegs? Hoffentlich der Anfang vom Ende!

     

    Und dafür spricht ja nun einiges: ein Machtkampf zwischen Petry und Pretzell auf der einen, Meuthen, Gauland und Höcke auf der anderen Seite, ohne daß sich inhaltliche Positionen groß unterscheiden - das goutiert das konservative Bürgertum, welches die AfD doch für sich beansprucht, nicht.

  • Ich wäre vorsichtig mit Analogien zu Rep und Schill, denn die Lage ist heute eine ganz andere. Vor allem hatte sich Pegida und Hogesa gebildet in Reaktion auf die Ausrufung eines sog. Kalifates. Also eine Selbstbewaffnung gegen globalisierte Entwicklungen. Die sind viel weiter fortgeschritten und die Diskurse, die Rassismus rechtfertigen auch.

    • 1G
      12294 (Profil gelöscht)
      @nzuli sana:

      Das Kalifat als globalisierte Entwicklung?

       

      "sana"? Sind Sie sicher?

       

      Nebenbei: was sind denn bitteschön globalisierte Entwicklungen? Meinen Sie eine Globalisierung? Die alte Mär (ohne "h"!) vom steckst Du Waffen rein, kommt Kalifat raus?