Kommentar Sondierung und Agrarziele: Alles und nichts
Die bislang bekannten Vereinbarungen zu den Bereichen Landwirtschaft und Tierschutz sind enttäuschend und vor allem sehr vage formuliert.
D a müssen Union und SPD aber noch nachlegen, wenn sie wirklich das Artensterben und die Tierquälerei in deutschen Ställen stoppen wollen. Die bisherigen Vereinbarungen der Möchte-Gern-Koalitionäre in Sachen Landwirtschaft bringen kaum Fortschritt.
Den Einsatz des umstrittenen Pestizids Glyphosat wollen sie „deutlich“ einschränken, um ihn „so schnell wie möglich grundsätzlich“ zu beenden, heißt es in dem Einigungspapier. Das kann alles und nichts heißen. Union und SPD verschweigen, wie stark genau sie den Giftverbrauch reduzieren wollen und bis wann er auf Null sinken soll. Und was soll das „grundsätzlich“ hier? Das könnte am Ende dazu führen, dass Glyphosat doch weiter in großen Mengen in die Umwelt kommt.
Das ist auch wahrscheinlich. Denn die Union ist der größere Partner in der geplanten Koalition. CDU/CSU wollen, dass die Bauern weiter Glyphosat spritzen können. Nur den paar Privathaushalten, die einen verschwindend geringen Anteil am Glyphosatverbrauch haben, wollen sie das Gift verbieten. Und Landwirtschaft ist wohl nicht so wichtig für die SPD, dass sie daran eine Koalition scheitern lassen würde.
Ähnlich vage ist die Passage zur künftigen Verteilung der Agrarsubventionen. Tier-, Natur- und Klimaschutz wollen die Koalitionäre in spe fördern. Die Parteien sagen noch nicht einmal, dass sie mehr Geld für diese Ziele aufwenden wollen.
Enttäuschend ist auch der Kompromiss zum Tierschutz. Union und SPD wollen ein weiteres freiwilliges Siegel für Fleisch aus besseren Haltungsbedingungen einführen. Das werden die Unternehmen nur auf einen kleinen Teil ihrer Produkte kleben. Die meisten Tiere werden weiter so miserabel leben wie bisher. Das wird sich erst dann ändern, wenn eine obligatorische Kennzeichnung die Ware aus schlechten Haltungsbedingungen brandmarkt.
All das hatten SPD-Agrarpolitiker vor den Sondierungsgesprächen gefordert. Aber offensichtlich haben sie in ihrer Partei wenig zu melden.
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