Kommentar Solarförderung: Die Mär vom teuren Sonnenstrom
Photovoltaik ist längst billiger als andere Arten der Ökostromerzeugung. Die Forderung nach einer Förderkürzung ist daher irrational.
B etrachten wir uns ganz nüchtern die Fakten. 13 Milliarden Euro müssen die deutschen Stromkunden nach Prognosen der Übertragungsnetzbetreiber im Jahr 2012 für die Ökostromförderung bezahlen. Rund die Hälfte davon entfällt auf die Photovoltaik, die zugleich aber nur etwa ein Viertel der geförderten Strommenge bereit stellt. Will man dem Solarstrom böse, kann man nun schlussfolgern, dass man bei der Photovoltaik nur halb so viel kriegt für sein Geld.
Numerisch betrachtet ist das richtig - aber nur was die Vergangenheit betrifft. Änderungen am Erneuerbare-Energien-Gesetz betreffen jedoch die Zukunft, und da muss man anders rechnen. Für die Zukunft kann aus ökonomischer Sicht alleine die Frage relevant sein, was die Kilowattstunde aus welcher Quelle kostet und was sie in den nächsten Jahren kosten wird.
Und da steht die Photovoltaik glänzend da: Aktuell erhalten Anlagen auf dem privaten Hausdach nur noch 24,43 Cent je Kilowattstunde, große Dachanlagen sogar nur noch 18,33 Cent. Und ab Juli wird die Vergütung schon nach dem geltenden Gesetz (die Degression hängt von der Marktentwicklung ab) je nach Größe auf vermutlich 16 bis 21 Cent absinken.
BERNWARD JANZING ist Autor der taz.
Damit ist Solarstrom längst billiger als Strom aus Geothermie. Der wird heute mit 25 Cent je Kilowattstunde vergütet, ohne dass Preisfortschritte absehbar sind. Und auch im Vergleich zu manchem Biomasse-Kraftwerk ist Photovoltaik heute schon günstiger. Dass sich über die Förderung der Geothermie niemand aufregt, hängt schlicht daran, dass sie energiewirtschaftlich keine Rolle spielt.
Faktisch hat die Photovoltaik längst die bessere Kosten-Nutzen-Relation. Somit handelt, wer heute auf der Förderung des Solarstroms herum prügelt, schlicht unredlich - und hat vermutlich vor allem die Interessen der Stromkonzerne im Blick. Die nämlich leiden wirklich, weil ihre Kraftwerke durch die Sonne bereits spürbar aus dem Netz gedrängt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut